Warum das alles? Zum Geld verdienen? Um die Publicity-Trommel zu rühren? Mir ist schon klar, dass viele von euch da draussen sich diese Fragen stellen. Und trotzdem: Nein, und nochmals nein. Mir geht es darum, die Menschen für etwas, von dem ich aus eigener Erfahrung zutiefst überzeugt bin, zu gewinnen. Die Organspende und der ihr immer vorausgehende Organspendeausweis. Er ist gewissermaßen der Dreh- und Angelpunkt meines Handelns. Das ist meine Motivation, denn ich weiss, wie viele Menschen Tag für Tag auf den Wartelisten sterben, weil kein Organ kam. Wenn Du diese Angst erlebt hast und am morgen nicht weisst, ob Du am Abend noch lebst, dann verstehst Du meine Motivation. Dann steht Dir der Gedanke nach Helfen - egal wie. Nichts ist so erbärmlich wie sterben müssen, nur weil unsere Mitmenschen (ja, genau die sind es!) nicht über ihren Schatten springen können und einen Organspendeausweis bei sich tragen. Das sind unsere Mitmenschen, die einfach zu feige zum einfachsten Empfinden menschlicher Nähe und Hilfsbereitschaft sind.
Ein Empfänger einer einseitigen Lunge (fachlich: SLTx = single lung transplantation) hat im Rahmen einer von ihm gegründeten Stiftung den Slogan geprägt: "Warum nehmen Sie ihre Organe mit in den Himmel - auf der Erde werden sie gebraucht ..."
Das, liebe Freunde, ist genau der Grund, aus dem ich morgen nach Friedrichshafen fahre. Messen besuchen, Gespräche führen, die Gäste überzeugen oder motivieren - von selbst bewegt sich ja in unserem Land immer weniger, aber jeder - allen voran unsere Politiker - wollen möglichst sofort ein Organ bekommen, wenn mal etwas klemmt. Das mache ich neben meinem Jakobsweg und ich mache es aus Überzeugung. Denn wenn nicht mal irgendjemand beginnt etwas zu tun, dann wird es vermutlich niemand tun. Irgendwie ist das schon eine sehr, sehr traurige Gesellschaft, in der wir leben: jeder will alles, aber niemand möchte etwas dafür tun. Das ist genau ein Punkt, der mir heute in der MHH in Hannover aufgefallen ist. Eine Frau - wie ich im vorbeilaufen mithören konnte - regte sich laut darüber auf, dass ihre Tochter wegen Komorbiditäten von einer Transplantation ausgeschlossen werden müsse. Eine Schimpfkanonade ist noch eine erträgliche Bezeichnung des Wortschwalls, der da über einen Mediziner niederprasselte. Bei allem Ärger, bei aller Sorge und allen Ängsten dieser Mutter um ihr Kind: irgendwo haben die Mediziner auch eine weit gehende Sorgfaltspflicht und die besagt eindeutig: kein Organ bei Komorbiditäten. Immerhin könnte ein Krebs oder ähnliches mit transplantiert werden und der schwere und gefährliche Eingriff würde über kurz oder lang zur Farce werden.
Eine solche Farce hat niemand nötig: der Arzt nicht und auch der Patient nicht; auch kein Organspender, dessen Organ letztlich vergeudet würde. Deshalb gibt es aus diesem Beispiel von heute (eigentlich hatte ich völlig andere Absichten und Pläne) nur eine Konsequenz: jeder, wirklich jeder Mensch soll einen Organspendeausweis mit sich führen. Egal was er darauf ankreuzt, Hauptsache er trifft selbst eine Entscheidung.
Mit diesen Worten wünsche ich euch allen einen guten und friedlichen Abend. Trefft bitte - jeder für sich oder mit seinen Angehörigen - eine Entscheidung. Aber trefft sie bitte. Überlasst sie nicht anderen. Buen Camino euch allen wünscht Lothar
Tag 13 (Unterbrechung Tag 2) (Gesamte Laufstrecke bisher 302 Km)
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