Allen Besuchern ein freundliches Moin



Mein Dank geht besonders an die Angehörigen meines Organspenders, die vielleicht auch Freude empfänden wüssten sie von meinen Aktionen. Mein Camino soll allen Menschen zeigen, dass das Leben nach einer Transplantation neu beginnt.

Meinen bisherigen Weg (Camino) bin ich als Botschafter der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gegangen. Damit sollen vielfältige Unsicherheiten den Menschen Hilfen und Erklätungen geben und Kranken neuen Lebensmut vermitteln.

Nach fast sieben Jahren Wegstrecke (mit einer neuen Lunge) beginnt dieser Weg noch einmal, denn ich stehe wieder auf der Warteliste für ein neues Orgen. Dieses Mal benötige ich eine Niere, da die vielen Medikamenten meine Nieren (leider unvermeidlich) zerstört haben.

Darum meine Bitte: Helft mit, ein existenzielles Problem für viele Schwerkranke in Deutschland zu lindern. Unterstützt und helft den Menschen, vermittelt ihnen neuen Lebensmut. Tragt (wie mein Blog) dazu bei, dass es mehr Organspender gibt und weniger Menschen auf den Wartelisten sterben müssen. Zeigt Verantwortung, entwickelt Mitgefühl und stelle Fragen - an Patienten, an Angehörige, an Ärzte, an Kliniken, an die DSO, an die Politik. Seid einfach engagiert!

Dieser Blog findet heute, am 06. September 2014, seinen letzten Eintrag und endet damit. Damit endet allerdings noch nicht meine Geschichte, denn diese geht in einem weiteren, anderen Blog weiter. In diesem Blog, den ihr hier mit laufenden Text, noch kennenlernen und finden werdet, stelle ich meine weiteren Planungen dar. Bis dahin wünsche ich allen meinen Lesern - neben einem herzlichen Dank für die bisherige lange treue Lesefreundschaft - alles erdenklich Gute und weiterhin viel Spannung und Freude am neuen Blog, der sich mit dem Thema "Unsere Weltreise, neue Entdeckungen und komplexe Planungen" beschäftigen wird.

Dafür vielen Dank, viel Freude, gute Unterhaltung und immer gute Gesundheit wünscht euch

Lothar Rücker

Barsinghausen, im Aug. 2008 / Apr. 2009 / Dez. 2009 / Sept. 2012 / Juli 2014


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19. Dez. 2008 (Barsinghausen)

Einer der schönsten Weihnachtsmärkte des Nordens ist an diesem Wochenende unser Ziel: in Lübeck werden wir morgen den "dritten Geburtstag" nach meiner Transplantation feiern. Es ist schon so, wie einige Medien ja geschrieben haben: die "Rückkehr ins Leben". Oder "der Weg zurück ins Leben". Und so empfinde ich das auch.

Leben ist etwas unglaublich wertvolles und einzigartiges. Etwas, was ohne jeden Zweifel erhaben ist über alle anderen Werte. Deswegen freue ich mich auch so über das Leben, das mir nochmals geschenkt wurde. Und deshalb mache ich sowohl den Jakobsweg wie auch die Organspende-Tournee. Ich möchte den Menschen zeigen, wieviel positives mit einem Organspendeausweis bewirkt werden kann, wie viele Leben durch einen Organspender gerettet werden können. Weil dies wohl am Besten von einem Betroffenen, also einem Organempfänger, den Menschen vermittelt wird, deshalb mache ich meinen Jakobsweg und die Tournee.

Damit möchte ich für heute (und für dieses Jahr) zum Ende kommen. Jetzt, heute Abend, fängt für mich auch die Weihnachtsferienzeit an. Und ich freue mich darauf, mit Ewa das Wochenende in Lübeck, die Weihnachtstage zu hause in Barsinghausen und dann eine Woche über Silvester in Nordfriesland, da wo der Wind immer so bannig-nass und kalt weht, zu verbringen. Euch allen wünsche ich einen wunderschönen vierten Advent, ein friedliches und geruhsames Weihnachtsfest und ein schönes, spannendes und lustiges Silvesterfest, gefolgt von einem guten Neuen Jahr, das euch immer Gesundheit und Frohsinn bescheren mag. Wir lesen uns dann wieder ab dem 04. Januar im neuen Jahr. Bleibt mir gewogen und ich freue mich darauf, euch auch im kommenden Jahr zu meinen Lesern zählen zu können.

Euch allen da draussen im Land eine gute und friedliche Zeit wünscht mit einem freundlichen Buen Camino euer Lothar

Tag 94 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.382 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

17. - 18. Dez. 2008 (Barsinghausen)

Diesen beinahe endlosen Blick Richtung in Norden möchte ich euch heute widmen. Aufgenommen habe ich das Foto heute gegen 14:00 Uhr von unserer "Alm", wie wir so schön sagen. Wenn ihr dieses Foto durch Anklicken vergrößert, dann bekommt ihr den vollständigen Eindruck von der Schönheit meiner Heimat. Hinter uns der Höhenzug des Deisters - und davor ausgebreitet das ganze Land. Und alles in Richtung Norden gelegen. Und der Himmel war so Blau wie er eigentlich nur im Himalaya oder in Italien an der Adria sein kann. Nein, keine Erläuterung, warum das so ist oder wo es schöner ist - einfach sehen. Und genießen. Diese Welt ist so unendlich schön, wenn wir verstehen den Augenblick zu sehen und in uns aufzunehmen.

Deshalb möchte ich dieses Foto mit diesen wenigen Worten auch einfach so stehen lassen und euch einfach euch selbst überlassen. Nutzt die Stunde und macht das Schönste für euch daraus. So machen wir es auch, denn nachher kommt Ewa von der Schule heim und dann hat sie (und damit wir) Ferien. Eine kurze Information gibt es aber doch noch für euch. Morgen melde ich mich noch einmal, denn ab dem 20. Dezember sind auch für mich Ferien. Keine Termine, keine Interviews, keine Fotos, keine Fragen - nur noch Ewa und ich. Weihnachten sind wir zwar daheim, aber am 27.12. fahren wir für eine Woche ins geliebte Nordfriesland und lassen es uns gut gehen. Ach ja, am 20. Dezember feiern wir meinen dritten Geburtstag. Ganz alleine, irgendwo im Norden. Ohne Notebook und ohne Telefon.

Also, lasst es euch auch gut gehen und damit viele Grüße, eine gute Zeit und ein nettes Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 93 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.382 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

16. Dez. 2008 (Barsinghausen - Hannover)

Dieses Foto zeigt euch die Kapelle im Klinikum Oststadt der Region Hannover, in dem ich knapp zwei Jahre bis zur Transplantation zugebracht habe. Auch diese Kapelle und ihren Pfarrer kenne ich sehr gut, denn hier habe ich so manche Stunde zugebracht. Auch die Stunden, in denen ich nicht mehr wusste, ob ich überhaupt noch eine Chance habe weiterzuleben. Besonders nach dem "Fehlalarm", der am 15.12.2005 war. Ein Fehlalarm deswegen, weil das für mich gemeldete Organ schon COPD hatte und eine Hepatitis. Hätte ich diese Lunge erhalten, würde ich vermutlich schon verstorben sein.

Aber fünf Tage später, also am 20. Dezember 2005, erhielt ich das Organ, das mich heute so absolut toll und wunderbar am Leben hält. So grandios, dass ich heute (laut MHH) sogar im Zustand eines Leistungssportlers bin und fast grenzenlos aktiv sein kann. Sicher wird jeder der Leser verstehen, dass dieses Datum mein zweiter Geburtstag ist. Ein Tag, der Grund zum Feiern ist. Der aber auch Grund zum Andenken ist an einen Menschen, durch dessen Organ ich heute noch leben darf. Das darf nie vergessen werden und ich deshalb vergesse diesen Menschen niemals. Er (oder sie?) ist heute integraler Teil meines Lebens geworden und irgendwie habe auch ich mich durch diesen Menschen ein wenig verändert. Jedenfalls meinte Ewa schon kurz nach der Transplantation, dass ich anders lache. Wie auch immer: ich lebe. Und ich bin - wie Ewa - sehr dankbar dafür.

Alles Gründe, die meinen zweiten Geburtstag am 20. Dezember, den ich ja nun schon zum dritten Mal feiern darf, für mich so unendlich wichtig machen. Einen ganz wichtigen Anteil daran hat Prof. Bernd Schönhofer, zu dem in meiner Zeit der dauernden Klinikaufenthalte bis zur Transplantation schon so etwas wie ein freundschaftliches Verhältnis entstanden ist. Durch ihn haben Ewa und ich schon frühzeitig begonnen, uns mit dem Thema (und den Folgen) einer Lungentransplantation vertraut zu machen. Deswegen: Danke den Hinterbliebenen meines Organspenders, die häufig Teil meiner Gebete sind. Danke aber auch Prof. Schönhofer für seine Geduld und hilfreichen Informationen. Und danke auch an meine Frau Ewa, die so vieles hat aushalten und ertragen müssen.

Das musste einfach auch mal öffentlich gesagt werden. Es gehört, glaube ich, auch dazu, um manche meiner Worte besser zu verstehen und mein Handeln besser einordnen zu können. Vielleicht ahnen ja die Angehörigen meines Organspenders, das mein Handeln, mein Denken und mein Schreiben nicht ohne Grund sind. Wenn sie die richtigen Rückschlüsse ziehen (und das können nur die Angehörigen meines Organspenders), dann können sie dies alles verstehen und wissen, was ich ihnen über diesen Umweg - wie in meinem Schreiben, ein Jahr nach meiner Transplantation - mitgeteilt habe und heute wieder mitteilen möchte. Ihr JA zur Organspende hat nicht nur mein Leben erhalten. Es hat eine mittlerweile auf recht breiter Basis laufende Aktion in Gang gesetzt, die - so hoffe ich - dazu beiträgt, dass mehr und mehr Menschenleben durch Transplantationen gerettet und erhalten werden können. In dieser Aktion machen dankenswerter Weise die Medien mit (soweit ich sie bisher besucht habe) und ich würde mich sehr freuen, wenn immer mehr Menschen diese Aktion unterstützen und tragen.

Mit diesen Worten wünsche ich euch allen da draussen im Land einen guten und friedlichen Abend. Ein freundliches Buen Camino möge eure Wege immer begleiten. Euer Lothar

Tag 92 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.382 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

15. Dez. 2008 (Barsinghausen)

So, liebe Freunde im Land, ich bin wieder online (nach einigen Arbeiten). Die Möbel stehen, die neuen Tapeten sind an der Wand - nun kann das Fest kommen. Interessant ist nur, dass gerade in dieser mildtätigen Zeit viele Leute, Firmen und Behörden ihre Großherzigkeit entdecken. Die Worte Benedikts XVI sind sicher angemessen und richtig. Was aber (immer wieder aufs neue) verwundert ist die Limitierung dieser Großzügigkeit auf den absolut schmerzfreien Bereich.

Davon profitieren wie immer die Ärmsten der Armen am wenigsten. Sie sitzen nicht in unserem Land. Und immer sind es die Wohlhabenden, die Politiker und die Verbände, die mit "kleinem Geld" die großen Probleme dieser Welt lösen wollen. Schöne Absichten, die leider nicht mehr sind als ein potemkinsches Dorf. Dies zu bessern schickt sich jetzt auch die EU an, die diverse nationale Aktivitäten nicht mehr als ausreichend ansieht. Immerhin beträgt die tägliche Versterbenszahl (auf den europäischen Wartelisten) derzeit zwischen 10 und 14 Menschen (je nach Sichtweise). Da hilft es auch nicht viel, wenn sich ein MdEP werbewirksam mit Prof. Roland Hetzer vom DHZB aus Berlin und mit Dr. Frank Montgomery (bis vor kurzem beim Marburger Bund) ablichten lässt. Dies hat auch die Deutsche Welle in einer Reportage dokumentiert.

Völlig zu Recht wird von den Medien kritisiert, dass viele Krankenhäuser in Deutschland entweder keine Transplantationsbeauftragten haben oder sich mit Bezugnahme auf die Deutsche Krankenhausgesellschaft schlicht weigern, einen solchen zu installieren. Um es nochmals klar und deutlich zu sagen: es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Installation dieser Beauftragten, ob die Krankenhäuser jetzt Lust dazu haben oder Geld ist vollkommen sekundär. Im Rahmen meiner Organspende-Tournee, die ab 15. Januar 2009 in Osnabrück fortgesetzt wird, werde ich dieses Thema immer wieder neu ansprechen. Immerhin handelt es sich hier um einen Rechtsbruch. Der unterlegte Link zeigt einfach, schnell und deutlich, dass der Rechtsbruch heute von allen möglichen Firmen und Behörden standardisiertes Element in der täglichen Arbeit geworden ist. Sogar die Bundespolitik findet sich (mittlerweile regelmäßig) vor dem höchsten deutschen Gericht wieder - dem Bundesverfassungsgericht. Und wird ebenso regelmäßig abgewatscht.

Da verwundert es auch nicht, wenn Prof. Brölsch von der Uni-Klinik Essen in einen unseligen Verdacht gerät, der allerdings symptomatisch für eine weit verbreitete Verhaltensform in Deutschland geworden ist. Dies wird gemeinhin als Betrug oder Bestechung oder Vorteilsnahme bezeichnet. Jedenfalls im deutschen Strafgesetzbuch. Und soweit ich weiß, ist dies nach wie vor gültig. Deshalb: nicht schön, wenn es - wie das heutige Bild - um Menschen, ihre Gesundheit oder Organe geht, die zum Leben benötigt werden. "Roger" sei daher Dank für diese "plastische" Karrikatur.

Damit komme ich heute zum Schluß - obwohl das ein Themenbereich ist, der ständiges Berichten und Reklamieren verdient hat. Hoffen wir also gemeinsam auf ein besseres Jahr. Für mich fängt jetzt der "Endspurt" vor dem Weihnachtsfest an. Aber dieses Jahr ist es nicht mehr ganz so tragisch wie im letzten Jahr. Euch allen also einen schönen und friedlichen Tag sowie ein nettes Buen Camino auf euren Weihnachtswegen wünscht Lothar

Tag 91 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.302 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

12. - 14. Dez. 2008 (Hannover)

Mit der Fragestellung "gibt es im Himmel auch Spaghetti" habe ich am Freitag an einer PK der Treuhandstelle für Dauergrabpflege in Niedersachsen teilgenommen. Der Titel ist natürlich provozierend, denn jeder weiß genau, dass Kinder aus allen Szenarien der Trauer und des Abschied nehmens vollständig ferngehalten werden. Dies wurde auch von Armin Kalbe aus Goslar, Geschäftsführer der Dauergrabpflege, geschildert und von Margot Käßmann, Landesbischöfin, bestätigt. Aus diesem Grund hat die Treuhandstelle für alle Kindereinrichtungen (KiTas, Kinderkrankenhäuser usw.) das oben genannte Programm geschaffen. Ausdrücklich wurde gesagt, dass alle Betreuungseinrichtungen für Kinder kostenlos Informationen erhalten können (über die Geschäftsstelle der Treuhandstelle). Danke für diese nicht so bekannten Informationen, die versuche zu streuen, um sie den Menschen auf meinem Weg nahe zu bringen.

Mit dieser Pressekonferenz begann ein Wochenende voller Termine und Aufgaben, die ja auch in meinem privaten Bereich bestehen - und erledigt werden müssen. Also ging es einen Tag in die Hallen der Firma IKEA in Hannover, Holz en masse schleppen (und natürlich auch fahren) und einen Ergänzungskauf am nächsten Tag wegen fehlender Artikel. Also ein "großer Bahnhof" an Aufwand - und dann noch beim Zusammenbauen (aber damit habe ich nichts mehr zu tun).

Damit, liebe Freunde, bin ich für heute (und dieses Wochenende) mit meinem Kurzbericht am Ende. Euch wünsche ich ein schönes, angenehmes Wochenende und einen friedlichen Adventssonntag. Mit einem freundlichen Buen Camino grüßt euch Lothar

Tag 88-90 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.302 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

11. Dez. 2008 (Barsinghausen + Deister)

Eigenartiges kannst Du erleben, wenn Du auf den Waldwegen des Deisters wanderst. Jedenfalls habe ich heute nicht schlecht gestaunt, als ich diesen Schnuller, drapiert auf einem Baumstumpf, gesehen habe. Keine Ahnung, ob dies nur ein Scherz war oder ob vielleicht ein Kind diesen Schnuller verloren hat. Jedenfalls hat ihn jemand gefunden und zur Abholung auf diesem Baumstumpf bereitgestellt. In jedem Fall eine nette Geste, von denen es heute leider viel zu wenige gibt.

Eine weniger schöne Geste war der Film, der gestern abend im englischen Fernsehen gezeigt wurde. Wie zu erwarten, legen sich heute die Zeitungen mächtig ins Zeug und berichten über diesen Film: Quotenhascherei ist eine der Klassifizierungen dieses Films, der Spiegel spricht von einem umstrittenen Sterbehilfe-Film, die Welt titelt mit dem Tod zur besten Sendezeit. Auch die FAZ ist nicht von gestern und beschreibt diesen umstrittenen Sterbehilfefilm mit Tod vor laufender Kamera. Und der Kölner Stadt-Anzeiger macht mit der Headline auf: "Freitod-Film zwingt zur Konfrontation".

Wie der Kölner Stadt-Anzeiger stellvertretend für viele Zeitungen in Deutschland resümiert, ist der Film nicht nur mit geteiltem Echo aufgenommen worden. Vielmehr wird überwiegend die Gefahr gesehen, dass durch diesen Film eine tendenziell unsachliche Diskussion über die Sterbehilfe in Deutschland in Gang gesetzt wird. Durch diesen Film - als Dokumentation am Mittwochabend von dem britischen Privatsender Sky Real Lives zur besten Sendezeit um 21 Uhr ausgestrahlt - wurden freilich schon heftige Kontroversen ausgelöst. Vertreter der Hospiz-Bewegung, der Kirchen und Medienwächter attackieren den Film als makabren Voyeurismus und warnen vor den Folgen für eine Gesellschaft, die Krankheit und Tod am liebsten verdrängt.

Wir wollen sehen, wohin dieser Film führt und welche Diskussionen daraus entstehen. Heute abend kommt ja wieder Roger Kusch mit seinem Sterbehilfe-Verein in der ARD. Aber warten wir die vielen Diskussionen, die ja jetzt erst entstehen, einfach ab. Schlüsse zu ziehen wäre ein wenig zu früh. Und spekulativ. Damit, liebe Freunde, wünsche ich euch noch einen schönen Abend und ein nettes Buen Camino. Euer Lothar

Tag 87 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.302 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

10. Dez. 2008 (Barsinghausen)

Dieses Foto ist zwar mehr oder weniger harmlos; nicht aber der Anlass, aus dem es entstanden ist: Organentnahme und Organhandel. Ganz und gar unappetitlich bis kriminell wird es, wenn ich den Informationen des Europarates folge, der die Schweizer Bundesrätin Vermot-Mangold mit einem detaillierten Bericht beauftragt hat. Vertreten sind dabei viele Länder, von denen es mancher sicher nicht erwarten würde. Haiti, Mosambique, China, Indien, Türkei, Moldawien, Südafrika, Ukraine, Russland, Rumänien, Brasilien, Georgien und andere. Bei der Organentnahme (eigentlich sollte Organraub das angemessene Wort sein) sind Staaten wie die Türkei und Israel in unserer Hemisphäre herausragend zu nennen. Für diejenigen unter euch, die jetzt überrascht sein sollten - diese Hinweise und Beweise stammen von renomierten Persönlichkeiten, international anerkannten und akzeptierten Medien, politischen Institutionen wie dem Europarat, der Europäischen Union, der WHO und anderen.

Die hinter diesen Staaten stehenden Fakten können von jedem Menschen im Internet leicht und ohne Probleme selbst entdeckt und auch verifiziert werden. Warum nur spricht diese Problematik niemand an? Was hindert die Menschen (und Organisationen) daran? Sind es egoistische oder monetaristische Gründe wie seinerzeit bei Johannes von Thurn und Taxis, der kurz hintereinander zwei Herztransplantationen erhielt, die bis heute umstritten und vom Verlauf unklar sind. Ist es Sorge oder Angst vor dem (vermeintlich) "langen Arm der Organmafia"? Oder ist es die Sorge selbst vielleicht kein Organ (besser: Transplantat) zu erhalten, wenn Kritik an dieser "Allokationspraxis" bekannt wird? Zwar kann ich nachvollziehen, dass Menschen vor solchem Handeln Angst haben; nicht verstehen kann ich, dass diese Angst einher geht mit der Gier nach einem Organ, wenn es einem Menschen schlecht geht und sein Leben in Gefahr ist. Dann muss buchstäblich alles in Bewegung gesetzt und jedes Mittel genutzt werden, um ein neues Organ zu erhalten, also "dem Tod von der Schippe" zu springen. Ein Verhalten, das dem des Fürsten von Thurn und Taxis (und anderen) sehr ähnlich ist - und ebenso viel Fragwürdigkeit beinhaltet.

Natürlich hat der Mensch einen simplen "Konstruktionsfehler", denn er ist (leider) egoistisch und egoman. Deswegen kann er vermutlich auch nicht über seinen Tod (und damit auch nicht über seinen Sterbeprozess) sprechen. Nicht einmal unter Ehe-(partnern). Dieses Verhalten ist nicht nur unverständlich, es ist gleichfalls ein Davonlaufen vor den Realitäten des Lebens. Und ebenso unverständlich ist die Entscheidung des Engländers Craig Ewert, dessen Entscheidung zum begleiteten Suizid durch Dignitas in der Schweiz filmisch begleitet wird. Die Ausstrahlung ist heute um 21:00 Uhr (GMT) im englischen Fernsehen. Wenn dieser Film heute Abend ausgestrahlt wird, dann ist Craig Ewert bereits im Alter von 59 Jahren verstorben. Verstorben durch einen Cocktail, den Craig durch einen rosa Strohhalm eingenommen hat und durch einen Biß auf einen Schalter, der sein Beatmungsgerät nach 45 Minuten abstellte. Natürlich hat der Tod von Craig Ewert auch die Vorwürfe eines so genannten "Todes Voyeurismus" zur Folge, der selbstverständlich viele weitere Fragen und Gedanken bei den Menschen entstehen lässt. Zwangsläufig, wie ich meine. Wer sich diesen Beitrag ansehen möchte, der kann ja über seine TV-Kanäle zu Sky Real Lives schalten und sich diesen Film ansehen. Ich würde das jedenfalls nicht tun - ich bin sogar ausgesprochen dagegen. Wie bei der Organspende-Show von BVN in Holland. Und ich bin auch gegen Dignitas und ihre suizidalen Strategien. Ganzh entschieden sogar.

Die Organentnahme, um nun zu einem weiteren wichtigen Thema zu kommen, berührt viele Menschen intensiv: Patienten, die fragen, wie gehe ich "hinüber" und Angehörige, die wissen möchten, wie bekommen wir unseren Angehörigen wieder. Betroffene fragen nach der Betreuung. Einem Menschen, der sie begleitet. Angehörige sind in erster Linie "an einem leichten Tod" des Patienten interessiert (obwohl sie dies ja nicht beurteilen, geschweige denn fühlen können). So kursieren Bilder aus Erzählungen, die von völlig entstellten Patienten nach der Organentnahme reden. Bilder, die wirklich weit von der medizinisch-biologischen Realität sind, aber dennoch bei den Menschen - in der Bevölkerung - kursieren. Da werden plötzlich Vitalreaktionen einem hirntoten Verstorbenen zugesprochen, die rein physikalisch zwar sein können, nicht aber medizinisch-biologisch. Ganz offensichtlich werden die Gedanken und Gefühle der hinterbliebenen Angehörigen eines Organspenders nicht oder nicht ausreichend beachtet. Und sicher auch - teilweise zumindest - nicht gewürdigt, denn der Sterbeprozess endet, wie wir heute wissen, nicht mit dem Hirntod. Schon früher, zum Teil in lange zurückliegenden Epochen, wussten die Menschen, dass ein Verstorbener aufgebahrt werden musste. Musste deshalb, damit die Seele des Verstorbenen in Ruhe aus dem Körper austreten konnte und damit dieser Verstorbene in Ruhe und im Einklang mit seinem früheren Leben diesen Körper verlassen konnte.

Damit steht in meinem heutigen Blog noch das Thema des freiwilligen (?) Suizides offen. Bei uns in Deutschland hat sich der frühere Senator der Hansestadt Hamburg, Robert Kusch, damit sehr hervorgetan. Der Transporteur des freiwilligen Suizides, der - Dank seines Jura-Studiums - die notwendigen Gesetzeslücken findet (und buchstäblich ausschlachtet). Es mutet schon ein wenig irritierend an, wenn ein Jurist für die nicht mehr lebenswilligen Menschen unserer Gesellschaft Lücken findet, die zum "Erfolg aus Sicht der Betroffenen" führen - zum Suizid also. Nicht nur, dass dahinter ein fehlgeleitetes Jura-Empfinden steht, wie ich meine; nein, vielmehr zeichnet sich Robert Kusch durch völlig fehlendes Einfühlungsvermögen in die Lebensumstände eines Menschen im letzten Stadium seines Seins aus. Dies allerdings gilt nahtlos für unsere Politiker, die sich für diese Themata gleichfalls nicht oder nur sehr eingeschränkt interessieren. Die "Schreie" dieser Kategorie von Menschen klingen in meinen Ohren wie die Ode des Fürsten von Thurn und Taxis, der nach einem neuen Herz gierte um weiterleben zu können. Um jeden Preis. Auch um den Preis seines Lebens - den er ja bekanntlich zahlen musste.

Wer sich also zum Thema Sterbehilfe und begleiteten Suizid ein wenig schlau machen möchte, sollte morgen, am Donnerstag abend um 22:00 Uhr Panorama in der ARD, schauen. Ihnen wünsche ich mit diesem Thema nur eine intensive und möglichst kritische Auseinandersetzung - so wie meine Frau Ewa und ich dies schon vor meiner Transplantation mussten. Und ich wünsche Ihnen genügend Ruhe und Sicherheit, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Vielleicht entsteht ja am Ende sogar die Bereitschaft (aus Ihnen selbst heraus), künftig einen Organspendeausweis zu tragen. Ich wünsche es Ihnen. Und ich wünsche es Ihren Angehörigen. Denn Organspende ist und bleibt ein Akt der Nächstenliebe. Und wenn Sie Fragen haben oder darüber diskutieren möchten: gerne, schreiben Sie mich einfach an. Am besten per Mail unter drlruecker@aol.com. Meine Frau Ewa und ich als Betroffener einer Lungentransplantation stellen sich gerne Ihren Fragen und Sorgen.

Kein bequemer Tagesblog heute. Das weiß ich. Aber diese Themen mussten einfach auch mal angesprochen werden - und ich werde das immer wieder machen. Stellen Sie sich diesen Fragen und Problemen. Weihnachten ist eine gute Zeit - und auch eine gute Gelegenheit dazu. Ich helfe Ihnen gerne. Aus der Sicht des Betroffenen und meine Frau aus dem Empfinden einer Angehörigen. Mit diesen Worten wünschen Ewa und ich Ihnen allen draussen im Land eine gute und friedliche Adventszeit. Und wenn Sie mit uns reden möchten, dann senden Sie uns einfach eine Mail. Viele herzliche Grüße und Buen Camino wünschen Ihnen Ewa und Lothar Rücker

Tag 86 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.302 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

09. Dez. 2008 (Barsinghausen)

Mit einem Organspende-Ausweis (ohne jegliche Auswahlmöglichkeit) geht neuerdings das Herz- und Diabetes-Zentrum Nordrhein-Westfalen an den Markt. Sicher, die Absicht von Prof. Reiner Körfer ist natürlich gut und löblich; dennoch ist die Aktion unter einem anderen Etikett kontraproduktiv. Und mit einem Spenderausweis, der keinerlei Auswahl für den Organspender lässt, sondern nur ein absolutes JA oder NEIN zulässt. Der kleine Folder ist (leider) nur eingeschränkt aussagefähig und bietet keine wirklichen Informationen, die in einer Situation endenden Lebens für Angehörige notwendig sind. Diese "pseudowerbliche" Aussage ist deswegen bedenklich, weil sie den Angehörigen eines Patienten im endenden Leben keinerlei Informationen und keinerlei Auswahl gibt, wie dies bei den üblichen Organspendausweisen der Fall ist.

So schön das (auf eine Plastikkarte projizierte) Foto zwar ist, es lässt keinerlei zutreffende und autentische Information für die Menschen erkennen, die in der Situation des bevorstehenden Ablebens eines Patienten in erster Linie gefragt sind: die Angehörigen. Mir scheint es wichtig die Aussagen an die Kriterien der DSO oder der BZgA anzugleichen, damit es keinesfalls zu Missverständnissen oder Fehlinformationen kommen kann. Daher möchte ich allen Menschen, die einen solchen Ausweis mit sich führen, einen Wechsel zu den Organspendeausweisen der BZgA empfehlen. Nur diese entsprechen den geltenden Vorschriften.

Damit möchte ich euch allen einen guten und schönen Tag wünschen. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 85 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.302 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

08. Dez. 2008 (Hamburg)

Hamburg ist natürlich eine Stadt, die immer eine Reise wert ist. Gleich aus welchem Grund. Ewa und ich haben sogar hier (im Hafen) geheiratet. Und so war auch meine Ankunft heute im Hauptbahnhof. Interessant illuminiert, allerdings nicht übertrieben - eher dezent. Und doch schön und entsprechend dem Flair Hamburgs in der Welt. Dabei stand ein ganz anderes Thema an: ein Interview mit einer großen gesetzlichen Krankenversicherung, der DAK. Kernpunkt war nicht so sehr mein Jakobsweg und die Organspende-Tournee, sondern mehr das Wandern als körperliches Gesundungselement.

Natürlich bewegen sich die Menschen heutzutage viel zu wenig, manche überhaupt nicht mehr. Übertriebene Genusswünsche, Alkohol und Nikotin führen zu Leistungseinbußen - und zu Krankheiten. Falsche Ernährung ist ebenfalls ein Leistungskiller, dem bereits Kinder durch Unwissen oder Nachlässigkeit der Eltern ausgesetzt sind. Zu allem Überfluss verhalten sich die Menschen häufig so, als würde Sport oder körperliche Aktivität Schmerzen verursachen. Selbst die Gewichtszunahme von Säuglingen und Kleinkindern nimmt immer mehr Besorgnis erregende Ausmaße an. Alles das ist im Kontext der zunehmenden Bildungsmisere zu sehen.

Alles Gründe, die zum kritischen Betrachten und zum Umdenken motivieren. Aber auch alles Gründe zur Änderung der Lebensweise. Eigentlich ist das jedem klar und verständlich. Die Änderung eigener Lebensweisen scheint jedoch unerträglich schwer zu fallen. Da natürlich keine Steuern auf persönliches Fehlverhalten erhoben werden können, müssen andere Wege gegangen werden. Wege des Vorlebens beispielsweise oder Schulungen und Trainings sind ebenfalls geeignet. Damit bin ich wieder bei meinem Jakobsweg und den vielen positiven Entwicklungen in gesundheitlicher Hinsicht. Und bei meinem Besuch in Hamburg, denn die DAK wird in ihrer nächsten Ausgabe der Mitgliederzeitschrift fit! meinen Weg als Beispiel für ihre Mitglieder vorstellen und zum Nachdenken und Nachmachen auffordern.

Schon Erich Kästner sagte: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" ganz richtig. Ich habe hinter diese zweifelsfrei richtige Aussage einen Link auf das Grundrechtekomitee gelegt, denn viele Menschen fordern zunehmend diese Grundrechte ein. Häufig allerdings wird dabei vernachlässigt, dass auch die Bürger eine Verpflichtung zur Einhaltung elementarer Regeln haben. So hat beispielsweise jeder Mensch im Falle der Erkrankung eine Pflicht, auch an seiner Genesung mitzuarbeiten. Das ist auch eine Art "Grundverpflichtung" der Bürger. Einfach ins Krankenbett legen und sagen: "Lieber Doktor, mache mich gesund" ist sicher ein herer Wunsch; allerdings kein Recht, das eingefordert werden kann ohne eigene (angemessene) Leistung des Patienten. Sein Teil ist eben, auch an seiner Genesung mitzuarbeiten. Sonst würde einfach auch unser Solidarprinzip als eine der Grundfesten unserer Gesellschaft verletzt werden.

Dies wird in dem Artikel der DAK vorgestellt und an einem Beispiel erläutert werden. So erläutert werden, dass es auch zum Nachmachen auffordert. Nur dann werden wir die Krankheitspotenziale aus dem bisherigen Fehlverhalten bekämpfen und eines Tages vielleicht beseitigen können. Ganz nebenbei hätte dies auch eine Reduzierung der Krankenversicherungsbeiträge zur Folge. Also, liebe Freunde, einfach mal nachdenken - Bequemlichkeit kostet. In erster Linie Geld. Dann aber auch die Gesundheit. Mit diesen Worten wünsche ich euch allen eine gute Zeit und weiterhin Buen Camino. Euer Lothar

Tag 84 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 8.302 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

07. Dez. 2008 (Barsinghausen)

Dieses eher schmutzig anmutende Foto habe ich heute nachmittag im Deister gemacht. Der modrige Waldweg lässt schon ein wenig an unsere Zeit denken. Die Reste des winterlichen Intermezzos auf dem morastigen Boden lassen ein paar nachdenkliche Gedanken in unsere reale Welt abschweifen.

Der Morast (oder auch Schlamm) lässt lässt die Frage nach seiner Herkunft entstehen. Dies hat, wie jeder weiss, mit den Schneefällen und dem Regen der letzten Tage zu tun. Die schlechte Begehbarbeit des Weges ist also in erster Linie eine Reaktion auf Geschehnisse in der Umwelt. Das restliche Wasser in der Furche rührt von der Schneeschmelze her, aber auch aus Quellen im oberen Deister. In dieser Furche steht also Wasser, das natürlich auch vom Wild des Deisters getrunken wird. Wasser, das sich hier gesammelt hat und trotz der Waldschäden zunächst nicht verloren ist und noch eine Aufgabe erfüllen kann.

Gleichzeitig sehen wir am oberen Rand des Fotos ein paar grüne Pflänzchen, die symbolhaft für den Fortbestand der Natur stehen mögen. Um dies zu bewirken brauchen wir das Wasser dieser Furche nochmals: nämlich als Spiegel, den wir uns mal selbst vorhalten sollten. Wie leichtfertig gehen wir mit unserer Natur um und fügen ihr Schäden über Schäden bei (eine Aufzählung möchte ich mir an dieser Stelle sparen). Diese Probleme - von der häufigen Abfallentsorgung im Wald über Entsorgung von Chemikalien und anderen Schadstoffen bis hin zur Luftbelastung durch Flugzeuge - gehen uns alle an, denn sie zerstören unsere Lebensgrundlage nachhaltig.

Zum Nachdenken möchte ich euch eine Modellrechnung der Vereinten Nationen in New York geben. Wie lange braucht die Natur, um sich eine Stadt wie Mexico City vollständig zurückzuholen, würde sie in einem Augenblick vollständig von Menschen und Fahrzeugen verlassen werden. Nun, was glaubt ihr? Es würde den Berechnungen folgend rund 500 Jahre (in Worten: fünfhundert) dauern. Dann wäre kein Stein mehr auf dem anderen, kein Stahlträger mehr auf dem vorherigen, alle Fabriken wären verfallen und die Natur hätte sich alles, rückstandsfrei von Menschen, zurückgeholt. Einerseits beängstigend für die Menschen, im Umkehrschluss allerdings beruhigend: für die Natur. Denn dies ist nur ein Beispiel dafür, dass die Natur uns, den Menschen, nicht braucht. Und damit, liebe Freunde, schliesst sich der Kreis vom Wasserspiegel im Deister zu unseren (höchst aktuellen) Problemen, die wir mit höchster Intensität versuchen zu vermeiden, zu kaschieren, negieren oder einfach weglügen. Was also soll dieser kollektive Selbstbetrug? Wohin soll er uns führen? Diese Antwort möchte ich jedem da draussen im Land selbst überlassen, denn jeder muss für sich alleine eine (seine) Antwort finden. Tatsache ist allerdings für jeden unter uns: so kann es nicht weitergehen - und so wird es auch nicht weitergehen.

Damit wünsche ich euch einen schönen und friedlichen zweiten Advent. Ein freundliches Buen Camino sagt euch Lothar

Tag 83 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.960 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

06. Dez. 2008 (Nikolaus - Hannover)

Wer es noch nicht gemerkt hat - heute ist Nikolaustag. Der mit Abstand bekannteste Namensträger ist jedoch der heilige Nikolaus, auf den der moderne Weihnachtsmann zurückgeht. Umgangssprachlich wird auch der Nikolaustag am 6. Dezember kurz Nikolaus genannt. Also, wer den wohl wichtigsten Tag nach Weihnachten (aus Sicht der Kinder) vergessen hat, der sollte wohl "schnell noch etwas erledigen ..."

Damit aber wieder zu "Erwachsenen-Themen", denn unsere Welt ist leider schon so überdreht und egoman, dass jeder sich selbst im Zentrum des Geschehens sehen will. Irgendwie, liebe Freunde, finde ich das schon sehr armselig. So ist mir heute (natürlich gehen wir auch zum Weihnachts-Shopping) die Masse Menschen aufgegallen, die endlos die neue Ernst-August-Galerie in Hannover gestürmt haben: gnadenlos, zielorientiert, und jedes Hindernis aus dem Weg räumend, Verkaufspersonal sind nur noch willenlose Erfüller der Kundenwünsche. Und dann soll Weihnachten noch Spass machen und Freude bereiten? Bei diesem "Wettlauf" nach Trophäen?

Bei diesem blindwütigen Kaufmarathon vergeht einem tatsächlich der Appetit auf Advent und Weihnachten. Dieser kaum zu zügelnde Kaufrausch treibt die Menschen zu vermeintlichen Sonderangeboten in alle Kontinente. Abgesehen davon, dass das CO2 der Flugzeuge ein erheblicher Klimakiller ist, was haben die Menschen davon? Wo bleibt das vermeintliche "Shoppingerlebnis" in anderen Ländern, wenn schon die Webseiten der Anbieter dieser vermeintlichen Sensation im Grunde nur lüsterne Kaufwillige abbilden und ohne jegliche Trennung alle Hotels, die sich zur wertsteigernden Käuferbefriedigung anbieten? Ist nur die Frage, wer letztlich befriedigt ist, wenn die Rückkehr gepaart ist mit Frust, Stress und Neid. Da mögen Lufthansa, Condor und viele andere Airlines ebenfalls ihre Flüge "wie sauer Bier" anbieten, es läuft jedes Jahr auf den gleichen blindwütigen Genusskonsum hinaus: die meisten Menschen kaufen Dinge, die sie nicht wirklich benötigen. Es ist meistens die Befriedigung egomaner Bedürfnisse oder Wünsche.

Das musste einfach mal in aller Deutlichkeit gesagt (und angeprangert) werden. Es ist einfach unerträglich, wie Unternehmer ihrer Mitarbeiter ausbeuten. Und es ist nicht zu akzeptieren, wie wenige Superreiche ihre Verpflichtung aus unserer Verfassung nicht nachkommen. Ebenfalls unseriös und asozial ist das Verhalten der so genannten Mietnomaden, die Wohnungen restlos und aus egoistischen Gründen ruinieren. Parasitär ist auch der Verfall des sozialen und ethischen Wertegefüges, dass unsere Banker und einige ihrer "angestellten Spekulanten" betreiben. Zur gleichen Rubrik gehört auch die große Zahl der Steuerhinterzieher, die ihr Verhalten noch als "Sport" ansehen - allerdings zu Lasten der Gesellschaft.

Die Gesellschaft, liebe Freunde, sind wir alle. Wir sind der Staat und nicht die Politiker. Diese Personen sind lediglich unsere Erfüllungsgehilfen für Fragen, die die Gemeinschaft der Bürger nicht alleine lösen kann. Wie sollte auch eine Diskussion unter 80 Millionen Menschen geführt werden. Doch unsere Politik kann ja nicht einmal mehr diskutieren, geschweige denn zuhören. Entscheidungen werden nicht mehr öffentlich, sondern in den Hinterzimmern der Ausschüsse des Paul-Löbe-Hauses in Berlin getroffen und den Wählern, also jedem von uns, nur noch verkündet.

Eine traurige Konstellation, in der wir leben. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, dies im nächsten Jahr zu ändern, denn nächstes Jahr ist Wahljahr auf breiter Front. Wer nicht ändern will, der hat auch kein Recht zum Jammern. Die Demokratie ist zwar auch nicht die beste Staatsform, aber sie ist von den bekannten Formen die am wenigsten schlechte. Wir, die Wähler, müssen sie lediglich nutzen.

Mit diesen Gedanken wünsche ich euch allen draussen im Land einen guten und friedlichen Nikolaus-Abend. Mit einem freundlichen Buen Camino grüßt euch der stets wache und aufmerksame Pilger Lothar

Tag 82 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.960 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

05. Dez. 2008 (Köln - Barsinghausen)



























Der Weihnachtsmarkt am Kölner Dom ist nun schon etwas besonderes und er wird von Touristen aus aller Welt besucht. Aber auch für mich ist das etwas Besonderes, bin ich doch 18 Km vom Dom entfernt geboren. Als gebürtiger Rheinländer habe ich natürlich Traditionen, auch wenn ich heute in Niedersachsen lebe - und mich dort sehr wohl fühle. Irgendwie habe ich heute schon eine sehr starke Affinität zu Norddeutschland und der Nordsee. Aber das sind auch Änderungen und Wandlungen, die wohl jeder in seinem Leben mal mitmacht - und sie sind ja nicht generell schlecht, nicht wahr ...

Der restliche Tag war weniger spannend, denn wir sind wieder zurück nach Barsinghausen gefahren und dann war Aufräumen, Post bearbeiten, Einkäufe machen usw. angesagt. Also alles Dinge, die jeder kennt, die auch jeder machen muss. Dafür kommen schon wieder einige Vorarbeiten für die nächste Woche. Am Montag bin ich zuerst in Hamburg bei der DAK, um dort einen großen Bericht in der Mitgliederzeitschrift der DAK vorzubereiten. Besonders interessant für mein Anliegen und meine Botschaft ist die bundesweite Verbreitung und die große Auflagenhöhe. Am Abend habe ich dir Kirchenzeitung in Barsinghausen zum Interview zu Besuch. Dienstag gibt es zwei Arzttermine (die ja ebenfalls sein müssen).

Und so setzt es sich immer wieder fort. Bis ich dann am 20. Dezember einen Schnitt (jedenfalls für dieses Jahr) mache. Dann ist "dritter Geburtstag" (der dritte Jahrestag seit ich transplantiert wurde) und danach ist bis zum 03. Januar 2009 Ferien in Husum und auf den Nordfriesischen Inseln angesagt. Erholung in klarer, kalter Seeluft, auf den Seehundsbänken, frischen Fisch wie es ihn sonst kaum gibt, schreiende Möven auf den Deichen, in knackig-kaltem Wetter einen heißen Pharisäer trinken und zum Brunch am Neujahrsvormittag auf die Nordertor gehen.

Was kann es schöneres geben? Vielleicht die Zeit der Erinnerung, wo mir das Übermaß des Sauerstoffs an der Küste das Leben erleichterte? Aber selbst das verblasst gegenüber den Erlebnissen und dem Gefühl, Leben zu können. Die Worte "wie neu geboren" verblassen gegenüber meinem Gefühl: ich bin neu geboren. Ich habe mein Leben zum zweiten Mal bekommen. Und deswegen brauche ich auch die Ruhetage an der Küste. Damit ich wieder Kraft habe für die vielen Sorgen, Fragen, Nöte und Ängste der Menschen, die meinen Weg begleiten - und denen ich Beispiel sein möchte. Und besonders auch für meine Frau, die mich eben in dieser Zeit schon oft entbehren muss.

Mit diesen Worten und Gedanken wünsche ich euch allen einen schönen Abend und ein friedliches Wochenende, an dem ja bereits der zweite Advent gefeiert wird. Buen Camino euch allen und eine schöne Zeit wünscht euch Lothar

Tag 81 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.902 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

04. Dez. 2008 (Witzhelden - Köln)

Manche unter meinen Lesern mögen von diesem Bild überrascht sein oder können es nicht zuordnen. Und doch hat es einen Grund, hier abgebildet zu werden. Es ist eine Luftaufnahme eines kleinen Höhendorfes namens Witzhelden am Rand des Bergischen Landes, dass für sich betrachtet eine sehr reizvolle und schöne, manchmal aber etwas herbe Landschaft ist. Auf jeden Fall für einen Ausflug oder eine Kurzreise sehr zu empfehlen. Für mich ist es immer wieder erstaunlich zu sehen, wie unglaublich viele Leute auf der A 1 zwischen Wermelskirchen und Leverkusen an dieser außergewöhnlich reizvollen Gegend vorbeifahren ohne zu ahnen, was sie verpassen.

Damit zur Auflösung der Frage: warum diese Luftaufnahme? Dieses kleine Örtchen ist ein zentraler Punkt in meinem Leben, denn hier ist meine Schwester mit ihrer Familie zu hause. Und hier sind auch meine Eltern begraben. Und es darf einfach kein Jahr vergehen, wo nicht mindestens ein Besuch bei meinen Eltern war. Bei dem momentanen Zeit- und Termindruck durch meine Organspende-Tournee bleibt oftmals nur wenig Zeit für privates. Das aber darf keinesfalls vergessen werden oder gar untergehen. Es ist einfach ein Dreh- und Angelpunkt meines gesamten Lebens.

Und da die Adventszeit eine gute Gelegenheit fürs Shopping ist, habe ich eine solche Chance genutzt und eine neue Kamera erworben. Natürlich ist da zunächst vieles zu lesen und manches wirkt erst einmal ein wenig verwirrend. Aber für die ganzen Vorbereitungen einer Bildershow und Vortragstournee im nächsten Jahr (nach meiner Rückkehr vom Jakobsweg) sind eben hervorragende Bilder unverzichtbar - und dafür brauchst Du eben eine Spitzenkamera. Diese Gelegenheit hat sich bei unserem Aufenthalt in Köln ergeben. Wer also an meinem Bildband oder an meiner Vortragstournee interessiert ist: gerne, jeder ist willkommen. Und es ist eine einmalige Chance zu Gesprächen und Diskussionen mit einem Lungentransplantierten, der den Jakobsweg über 3.200 Kilometer gelaufen ist und eine Organspende-Tournee über rund 4.000 Kilometer durch Deutschland absolviert hat.

Damit will ich diesen Bericht beenden. Euch allen eine gute Zeit und stets viel Gesundheit. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 80 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.591 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

03. Dez. 2008 (Hannover)

Mir ist ja schon klar, dass dieses Foto auf manchen unter euch etwas provokant wirken wird. Aber das Thema Armut in Deutschland hat mich schon berührt. Der Grund: gestern habe ich am Weihnachts-Presseempfang vom Ministerium für Soziales teilgenommen. Zentraler Referent (!) war nicht die Ministerin. Nein, das war der Chefstatistiker der Landesregierung, der buchstäblich eine "One Man Show" startete. Eine Show, die praktisch niemand verstand. Die wohl auch niemand in der Regierungsmannschaft versteht, wie dieser Artikel zeigt.

Ihr merkt aus meinen Worten sehr gut, dass ich darüber ein wenig befremdet war. Doch ebenfalls überrascht war ich, wie selbstverständlich mit Armut, Hartz IV - Empfängern und ähnlichem umgegangen wird. "Es sind ja nur Zahlen" könnte gedacht werden. Doch hinter jeder einzelnen Zahl verbirgt sich ein konkretes Schicksal, ein Leben in sozialer Gefahr. Es mutet schon ein wenig fragwürdig an, wenn Statistik höherwertig ist als die Lebensumstände dieser sozial benachteiligten Menschen. Dies fordert auch der SoVD für Niedersachsen in einer aktuellen Pressemitteilung.

Leider unterliegen diese Informationen noch einer Sperrfrist, deshalb kann ich im Detail noch nicht darüber referieren. Doch die Art dieses Vortrags, der beinahe schon eine "Berieselung" der Spitzenmedien in Niedersachsen war, hat bei mir ein "Klick im Kopf" entstehen lassen. Ein Klick, der die Notwendigkeit zur Sensibilität im Umgang mit den benachteiligten Menschen - und diese Gruppe ist mittlerweile groß - hat entstehen lassen. Es ist manchmal ganz gut Berichte und Meinungen erneut zu lesen, die beispielsweise vor drei Jahren schon erschienen sind. Dieses Thema werde ich auf jeden Fall erneut aufgreifen - und auch darüber berichten. Zunächst möchte ich mich doch mit den problemimmanenten Kernfragen vertraut machen.

Damit zu einem anderen Punkt. Wie ihr wisst muss ich regelmäßig Laborwerte ermitteln lassen, damit es mir und meinem neuen Organ auch weiterhin so gut geht wie bisher. Jetzt habe ich in den letzten 8 bis 10 Tagen einfach etwas zu wenig getrunkten. Ergebnis des bisherigen Zeitdrucks, der jetzt in der vorweihnachtlichen Phase und durch die vielen Interview-Termine (bis zu 3 täglich) entstanden ist und zu geringem Flüssigkeitskonsums. Die Folge: ein Anstieg des Creatinin-Wertes - und ein Anruf meiner Transplantations-Ambulanz. Jetzt gilt es, das wieder zu kompensieren, damit ich aus dem kritischen Bereich wieder zu Normalwerten komme. Also denkt bitte auch dran: trinken ist für den Menschen lebensnotwendig und die Nieren reagieren sehr schnell auf eingeschränkte Flüssigkeitszufuhr.

Den nächsten Bericht wird es mit einem Tag Verspätung geben, denn ich fahre morgen früh nach Köln. Euch wünsche ich einen schönen und angenehmen Tag. Mit einem netten Buen Camino grüßt euch Lothar

Tag 79 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.278 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

02. Dez. 2008 (Barsinghausen)


Dieses Foto zeigt nicht nur ein utopisch anmutendes Gebilde; es ist außerdem von ein Zentrum innovativer Forschung, das der MHH angeschlossen ist: das International Neuroscience Institute (INI). Dieses Foto stammt dankenswerter Weise aus einem Blog von Christian Hesse. Den meisten Menschen ist das INI eher unbekannt, obwohl es direkt neben der MHH in Hannover steht. Und doch wurde heute ein erheblicher, vielleicht durchschlagender Erfolg in der Therapie eines Schlaganfall-Patienten erreicht. Der dazu erschienene Artikel bei Spiegel Online ist hier zu lesen.

Eine Frage, die heute in NDR 1 (der beliebteste Radiosender Deutschlands) gestellt wurde, ist außergewöhnlich interessant: die Zahl aller Bakterien, die sich permanent im menschlichen Körper befinden, ist vom Gewicht her schwerer als das menschliche Gehirn. Irgendwie ist das schon enorm, beinahe nicht zu glauben. Hättet ihr das gedacht? Eigentlich sind das so "unwahrscheinliche Wahrheiten" wie das INI. Und trotzdem steht beides auch für den wissenschaftlichen Fortschritt, für Evolution und damit für die Verbesserung des Lebens.

Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft meine Zeitplanung. Da gibt es eine Änderung aus wichtigem Grund, denn meine Tournee für die Organspende verläuft so positiv und wird auch von den Medien sehr gut adaptiert und in die Bevölkerung getragen, dass ich mich zu einer Ausweitung entschlossen habe. Daraus folgt für meine Leser zweierlei: die Fortsetzung meines Jakobsweges, also der Neustart in Schengen, wird nicht am 15. Januar erfolgen, sondern erst am 15. April 2009, also nach dem Osterfest. Die Auflistung der Orte, die ich auf meiner Tournee besuchen werde, findet ihr auf dieser Seite.

Auch die manchmal eher unscheinbaren Tage sind - wie die gleichermaßen benannten Personen - manchmal voller Überraschungen. Heute war so ein Tag: die Ergebnisse des INI, die Umgestaltung meiner Tournee - aber auch das Geschehen in der Politik. Nur ein paar Stichworte. Japans Nationalbank-Chef sprach heute früh bereits von einer Deflation. Auch in den USA wurde heute früh von Bernanke eingeräumt, dass das Land seit rund einem Jahr in einer Rezession stecke. In Deutschland traut sich noch kein Politiker so richtig, das Wort Rezession in den Mund zu nehmen. Doch nur das klare, unmissverständliche Benennen eines Missstandes kann eine Diskussion in Gang setzen, an deren Ende nachhaltige Korrekturen auf Basis des Verstehens und der Einsicht - bei der Politik und der Bevölkerung - stehen.

Mit diesen Gedanken (und Fakten) des heutigen Tages wünsche ich euch noch einen schönen und friedlichen Abend. Genießt die Adventszeit und freut euch schon ein wenig auf Weihnachten. Ein nettes Buen Camino wünscht euch dazu euer Lothar

Tag 78 mit 0 Km Wanderung

Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.220 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

01. Dez. 2008 (Barsinghausen - Hannover)


Ein wenig überraschend mag das Foto des Tages ja schon auf euch wirken. Doch auch die Zahnfrage ist für einen Lungentransplantierten immer wieder aktuell. Diese Fotomontage habe ich aus einer Werbung genommen, denn sie beschreibt auf den Punkt die Situation, die heute für mich entstanden ist: mir ist heute bei einem heftigen Biss in eine Scheibe wunderschönes, frisches und knackiges Brot die Prothese gebrochen. Ich sage euch, ein total katastrophales Gefühl ist das, wenn die Prothese (oder ein Teil davon) mit dem angebissenen Brot um die Wette eifert, denn jeder will "der Erste" sein ...

Nicht gerade angenehm, das kann ich euch sagen. Dieses Problem hatte ich ja auch schon während meiner Wanderung in Bremervörde. Dort musste ich ebenfalls einen Zahnarzttag einlegen. Andererseits scheiden Implantate bei einem Organempfänger einfach aus, denn die möglichen Risiken durch eine Infektion sind einfach zu groß. Darüber hinaus ist besonders der Zahn- und Mundpflege bei Lungentransplantierten viel Aufmerksamkeit zu widmen, denn über die Mundhöhle und die Zähne gelangen viele Keime und Erreger direkt in den Körper.

Also gibt es heute noch ein wenig Stress, bevor ich zum letzten Termin nach Hannover fahren kann. Glücklicherweise beginnt der erst um 20:00 Uhr. Thema sind Verhaltensweisen und Rügen, die durch den Deutschen Presserat ausgesprochen wurden und wie man (die Journalisten) sich geschickter artikuliert. Sicher ein interessanter und spannender Abend, wenn als Referentin die Geschäftsführerin der dju als stellvertretende Vorsitzende des Deutscen Presserates anwesend ist.

Trotz aller Hektik habe ich heute auch meine Organspende-Tournee fertig geplant. Damit kommen gleich ein paar Neuigkeiten für euch. Dazu muss ich ein wenig weiter ausholen, um euch das zu berichten. Wie meine Leser bereits wissen, habe ich meinen Jakobsweg in Schengen / Luxembourg unterbrochen, um meine Werbetour als Botschafter der Deutschen Stiftung Organtransplantation zu starten. Das ist bis jetzt sehr erfolgreich verlaufen - und es bestehen weitere erfolgversprechende Ansätze. Diese Ansätze benötigen aber mehr Planungs- und Vorbereitungszeit. Das liegt zum einen an der Auswahl der Strecke und den zu besuchenden Orten. Aber auch die Terminvereinbarungen mit den gewünschten Gesprächspartnern (Bürgermeister, Ärzte, Medien und vor allem Gespräche mit der jeweiligen Bevölkerung) benötigen eben einfach Zeit. Außerdem ist es wichtig, für die ganzen Gespräche ein "Dach über dem Kopf" zu haben. Gleiches gilt natürlich auch für meine Übernachtungen, die ebenfalls notwendig sind. Deswegen auch jetzt schon der Planungsbeginn. Die Streckenplanung umfasst insgesamt 66 Städte, von denen ich einige zwei Mal aufsuchen werde. Dies wird voraussichtlich in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover und Köln der Fall sein. Die derzeitige Gesamtlänge beträgt rund 4.000 Kilometer durch Deutschland in der Form von zwei großen, übereinander liegenden Ringen.

Damit aber genug für heute. Meine Organspende-Tournee wird voraussichtlich am Donnerstag, dem 15. Januar 2009 in Osnabrück starten. Weitere Informationen gibt es, wenn die ersten Termine vereinbart wurden. Euch allen wünsche ich noch einen schönen Abend und viel Spaß mit meinem Blog. Liebe Grüße und ein freundliches Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 77 mit 0 Km Wanderung
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.220 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

30. Nov. 2008 (Barsinghausen - 1. Advent)


Wir haben heute den ersten Advent. Für mich seit jeher eine Zeit, in der ich zu hause bei der Familie bin. Gleich, wo ich mich gerade aufgehalten habe. So hat sich bei mir eine Art "Advents- und Weihnachts-Tourismus" entwickelt.

Der Advent ist eine Zeit der Fröhlichkeit und der Feiern. Jeder mag einfach mal an die vielen Weihnachtsfeiern denken, die überall im Land und auch den Kosten zum Trotz stattfinden. Natürlich ist das schön. Und auch gut. Immerhin ist der Advent die Zeit der Ankunft und der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Ein schöner Brauch und viel mehr als nur eine lange Tradition: Advent und Weihnachten.

Vielleicht ja auch Gelegenheit für manche, ein wenig Druck und Tempo aus dem Leben zu nehmen. Wie ich es auf der Vorbereitungsseite zum Jakobsweg genannt habe: Entschleunigung des Lebens. Ein (beginnender) Trend? Wer weiß das. Sicher aber nicht schlecht. Für jeden von uns und auch für Staat und Wirtschaft. Weihnachten ist vielleicht eine gute Übungsphase dafür.

Euch allen draussen im Land wünsche ich stets Frieden und Zufriedenheit - und einen besinnlichen ersten Advent mit einem freundlichen Buen Camino. Euer Lothar

Tag 76 mit 0 Km Wanderung

Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.172 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

29. Nov. 2008 (Berlin - Barsinghausen)

Nun, dieser "Blätterwald" zeigt auf einen Blick, wie umfangreich und vielgestaltig mit gleichzeitiger Internationalität die Medienvielfalt ist. Eine Zahl verdeutlicht das: in unserem Land gibt es rund 6.000 Tageszeitungen jeder Couleur. Die Vielfalt der Meinungen wird schnell zu einem "babylonischen" Meinungslabyrinth, in dem Orientierung schwierig werden. Und trotzdem steigt die Zahl der täglichen Publikationen weiter an. Stellt sich die Frage, ob wir blind, kritiklos und unreflektiert Informationen konsumieren. Ist also Information so etwas wie ziel- und interessenloser Konsum, der nichts - nicht einmal mehr Emotionen - zu befriedigen vermag?

Vermutlich schon, denn sonst würde wohl nicht die Frage nach der Qualität im Journalismus auftreten können. Und wie es scheint, hat sich der "Trend zum Zweitbuch" gewandelt in eine Umorientierung - hin zum Bilderbuch. Oder zum Hörbuch, das nur noch berieselt. Oder was sonst auch immer. Fakt jedenfalls ist, dass das Leseinteresse deutlich nachlässt. Grund ist sicher auch das - ebenfalls reduzierte - Bildungs- und Wissensniveau. Aber auch die immer mehr nachlassende Qualität im Journalismus spielt eine wichtige Rolle. Wenn Verleger immer offener von Änderungen, Kündigungen und Streichungen sprechen, die "der Leser doch erst zwei Jahre später bemerkt", dann ist das ein nicht mehr zu ignorierendes Indiz. Die Ausrichtung der Verlage auf steigende Erlöse und wachsende Gewinne bei sinkendem journalistischem Potenzial ist zum Einen ein Armutszeugnis für die Verlagsleitungen; gleichermaßen aber auch für die Journalisten, die dies mitmachen und sich den Vorgaben der (so genannten) Leitenden beugen. Wie eine Puppe aus simpler Knetmasse.

Wo sind die Journalisten mit Bereitschaft zur Eigeninitiative, wo die Reporter mit einem Faible für investigative Recherche. Sind sie bereits ausgestorben? Oder sind sie durch die subtilen Instrumentarien der Politik bereits "gleich geschaltet"? Oder haben die vorgefilterten Meldungen aus Newsrooms, Newsdesks und so weiter bereits ihre "erstickende" Arbeit geleistet?

Alle diese Erscheinungen sind a priori immer eines: nämlich der Qualität des Journalismus abträglich. Abträglich in allen Formen: sei es des Managements, der schreibenden Zunft, und auch der des Konsumenten, also des Lesers. Mir scheint, dass bei uns in Deutschland nur auf hohem Niveau gejammert und geklagt wird, bei dem niemand auch nur einen Schritt weit von seinen Pfründen abgehen will. "Gürtel enger schnallen" - gerne, aber bitte zuerst bei den anderen! Fürwahr, ein trauriger Jammer voller Egoismus. Der wird dann allerdings mit aller Qualität und Vehemenz zelebriert.

Damit noch einmal zum Deutschen Journalistentag in Berlin, an dem ich heute teilgenommen habe. Es wird viel diskutiert über zunehmenden Druck, sinkende Qualität, alternative Perspektiven und Chancen neuer Wege wie des Online-Journalismus. Dazu hochwertige Vorträge von kompetenten Persönlichkeiten, die vieles Richtige vorgestellt und gefordert haben. Leider war es eine Veranstaltung, die vor (und für) Gewerkschaftsmitgliedern gehalten wurde, die mit ihren Argumenten und Forderungen "vor der Klagemauer" postulierten - wie ein Teilnehmer es ausdrückte.

Mit diesen (unvermeidlich ironischen) Worten möchte ich meinen Bericht vom Deutschen Journalistentag schließen, denn es gibt praktisch nichts nennenswertes zu berichten. Bis auf die wirklich sehr guten Vorträge. die von Prof. Beatrice Dernbach oder Dr. Lutz Michel gehalten wurden. Damit, liebe Freunde, soviel zu einem Tag in Berlin, der leider nicht ganz diese Reise Wert war. Trotzdem wünsche ich euch einen schönen Tag und einen friedlichen ersten Advent mit einem netten Buen Camino. Euer Lothar

Tag 76 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 7.172 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende