Allen Besuchern ein freundliches Moin



Mein Dank geht besonders an die Angehörigen meines Organspenders, die vielleicht auch Freude empfänden wüssten sie von meinen Aktionen. Mein Camino soll allen Menschen zeigen, dass das Leben nach einer Transplantation neu beginnt.

Meinen bisherigen Weg (Camino) bin ich als Botschafter der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gegangen. Damit sollen vielfältige Unsicherheiten den Menschen Hilfen und Erklätungen geben und Kranken neuen Lebensmut vermitteln.

Nach fast sieben Jahren Wegstrecke (mit einer neuen Lunge) beginnt dieser Weg noch einmal, denn ich stehe wieder auf der Warteliste für ein neues Orgen. Dieses Mal benötige ich eine Niere, da die vielen Medikamenten meine Nieren (leider unvermeidlich) zerstört haben.

Darum meine Bitte: Helft mit, ein existenzielles Problem für viele Schwerkranke in Deutschland zu lindern. Unterstützt und helft den Menschen, vermittelt ihnen neuen Lebensmut. Tragt (wie mein Blog) dazu bei, dass es mehr Organspender gibt und weniger Menschen auf den Wartelisten sterben müssen. Zeigt Verantwortung, entwickelt Mitgefühl und stelle Fragen - an Patienten, an Angehörige, an Ärzte, an Kliniken, an die DSO, an die Politik. Seid einfach engagiert!

Dieser Blog findet heute, am 06. September 2014, seinen letzten Eintrag und endet damit. Damit endet allerdings noch nicht meine Geschichte, denn diese geht in einem weiteren, anderen Blog weiter. In diesem Blog, den ihr hier mit laufenden Text, noch kennenlernen und finden werdet, stelle ich meine weiteren Planungen dar. Bis dahin wünsche ich allen meinen Lesern - neben einem herzlichen Dank für die bisherige lange treue Lesefreundschaft - alles erdenklich Gute und weiterhin viel Spannung und Freude am neuen Blog, der sich mit dem Thema "Unsere Weltreise, neue Entdeckungen und komplexe Planungen" beschäftigen wird.

Dafür vielen Dank, viel Freude, gute Unterhaltung und immer gute Gesundheit wünscht euch

Lothar Rücker

Barsinghausen, im Aug. 2008 / Apr. 2009 / Dez. 2009 / Sept. 2012 / Juli 2014


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31. Okt. 2008 (Hamburg - Barsinghausen)

So, liebe Freunde, nach einer teils merkwürdigen, manchmal auch eigenartigen Reise bin ich heute Nachmittag wieder daheim in Barsinghausen angekommen. Eigentlich ist Hamburg ja nicht so weit von Barsinghausen entfernt; wenn aber zwei Lokomotiven der InterCity-Züge defekt sind und in Harburg alle in einen ICE umsteigen müssen, dann ist das schon sehr eigenartig. Eher komisch wurde es, als nach Ankunft in Hannover die Türen des ICE nicht geöffnet werden konnten. Eine Groteske der "besseren Art" entstand dann durch den Ausfall von Rolltreppen und Aufzügen am Hauptbahnhof Hannover.

Damit aber zu meinem Bild des Tages aus Hamburg. Nicht weit vom Dammtor-Bahnhof entfernt ist die Bibliothek der Universität Hamburg. Ein altes, ehrwürdiges Gebäude, das flankiert wird von zwei flachen Neubauten. An diesem Bild besticht dreierlei: natürlich einmal die alte Bibliothek, dann das Hotel Radison SAS im Hintergrund. Aber Blickfang ist der welkende Gingkobaum links im Vordergrund. Auf einem anderen Bild ist dieser Gingko mit seinen welkenden Blättern wie eine "Rauchfahne in Blattgold" - kaum zu beschreiben und wunderschön. Damit aber wieder zum eigentlichen Grund meines Hamburg-Aufenthaltes.

Der Organspende-Dialog 2008 brachte recht schnell ziemlich intensive Resonanzen in den Medien. Für mich persönlich am beeindruckendsten waren die künstlerischen Einlagen, sei es von Anna-Maria Kaufmann, Nele oder von Bo Flower und seinen Rappern. So großes und autenthisches Engagement in ihren Liedern zur Organspende, eigene Erfahrungen der Künstler und viel persönlicher Einsatz, beispielsweise von Dennis Wilms, zeigten eindeutig das starke Interesse, die Organspende in Deutschland zu fördern und zu unterstützen. Daher freue ich mich auf die Fortsetzung der Gespräche mit Dennis Wilms. Für mich ist der Eindruck in den vielen Gesprächen entstanden, dass die Thematik Organspende und auch die betroffenen Menschen, sei es als Patient oder als Angehöriger, so etwas wie eine große Familie sind - eine Familie, die letztlich zum Vorteil vieler anderer einfach zusammenhalten, kämpfen und informieren müssen. Ein schönes Gefühl, mit dem Ewa und ich gestern am späten Abend nach vielen spannenden Gesprächen das Curio-Haus verlassen habe.

Aber auch der DSO und Prof. Kirste gehören Dank für einen sehr gut gelungenen Abend - ebenso wie die TK, die als Co-Veranstalter einen ebenso großen Anteil an einem gelungenen und hochwertigen Abend haben. Ihnen allen gilt es Dank zu sagen für einen Abend, der - fangen es alle Beteiligten richtig an - viel Erfolg zeigen kann. Damit, liebe Freunde, komme ich zum Ende dieses Tagesberichtes. Es ist ebenso Wehmut nach diesem schönen Abend und dem (unvermeidlichen) Auseinandergehen vorhanden wie Vorfreude auf die nächsten Veranstaltungen zum Thema Organspende.

Es ist wichtig, die Menschen besser zu informieren und ihnen mit Antworten Sorgen und Unsicherheiten zu nehmen. Was gestern Abend in Hamburg deutlich wurde, erfahre ich jeden Tag: die Angst und die Sorgen der Menschen um unbekanntes Geschehen - Organentnahme und Hirntod. Denn dies sind die Fragen, die die Menschen am Kern ihres Seins berühren, sie unsicher und zögern sein lassen. Dies zu beseitigen, dafür stehen viele Menschen und Organisationen. Auch ich als Betroffener und meine Frau Ewa als Angehörige. Wir beide können den Menschen viele Fragen beantworten und Ängste nehmen, die wir selbst erlebt haben. Ängste, die die Menschen unsicher sein lassen. Wir stellen uns dieser Aufgabe und lassen uns einfach beim Wort nehmen.

Mit diesem Blog von heute wünsche ich euch allen einen schönen Abend, ein gutes Wochenende und natürlich auch ein Buen Camino. Euer Lothar

Tag 49 mit 0 Km
Gesamt 799 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.321 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

30. Okt. 2008 (Hamburg)

Liebe Freunde, wie im Nachsatz des letzten Artikels angekündigt gibt es meinen Bericht für gestern erst heute. Die Veranstaltung gestern Abend dauerte doch recht lange und nach Mitternacht möchte ich offen gestanden auch nur noch schlafen. Trotzdem waren einige Medien in ihren Berichten zum Organspende-Dialog 2008 recht schnell, beispielhaft soll ein Artikel der Finanznachrichten angeboten werden. Insgesamt eine sehr gute und ansprechende Veranstaltung, die außerdem hochkarätig besetzt war. Der Unterhaltungswert war durch einige attraktive Künstler wie Anna-Maria Kaufmann ebenso hoch wie der Informationswert für Interessierte und Betroffene. Der Dialog bei einigen geknüpften Kontakten muss noch weiterentwickelt werden. Danach werde ich sagen können, wohin der Weg geht. Auf jeden Fall sind es viel versprechende Ansätze.

Auch die Gespräche mit drei Printmedien und einem Online-Medium in Hannover und in Hamburg wird in den nächsten zwei bis drei Wochen konkretisiert werden. Dazu gilt es also noch abzuwarten, bevor etwas konkretes gesagt werden kann.

Das heutige Foto stammt ja eigentlich von gestern und es zeigt die QM2 im Dock bei Blohm + Voss in Hamburg. Wer interessiert ist, die "gute alte Dame" wird dort noch bis zum 13. November bleiben und es werden einige Reparaturen und Pflegearbeiten gemacht. Vermutlich wird die QM2 dann wieder mit einem "großen Bahnhof" Hamburg verlassen und wieder in den Liniendienst nach New York gehen.

Damit soll es heute ausreichend sein. Morgen, wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich euch wieder ausführlicher berichten. Einige interessante Fotos gibt es natürlich auch wieder, allerdings die meisten aber erst, wenn ich im kommenden Jahr meinen Bildband herausgeben werde. Eindrücke werdet ihr wie immer auch täglich hier erhalten. Damit wünsche ich euch allen einen schönen und (wie hier in Hamburg) auch sonnigen Tag. Ein schönes Wochenende und Buen Camino wünscht Lothar

Tag 48 mit 0 Km
Gesamt 799 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.141 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

29. Okt. 2008 (Hannover und Hamburg)

Ein hektischer Tag und noch kein Ende zu sehen. Aber so ist ja das Leben nun mal, wenn man in und mit der Öffentlichkeit lebt. Morgen ist wieder ein Tag, der so ziemlich alle Register der Medienarbeit bereithält - und mich wieder in die Stadt meiner heimlichen Liebe zurückführt: nach Hamburg. Deshalb auch dieses Foto, das ich aus unserem Fotoarchiv "vorgekramt" habe, für den heutigen Bericht ausgewählt. Es zeigt das "Feuerschiff" im City-Sporthafen in Hamburg, auf dem Ewa und ich unsere Hochzeit feierten. In die "Stadt der Medien" muss ich wegen einiger Termine morgen reisen.

Es ist wie es schon meistens war: einmal den richtigen Finger gegriffen und schon hast Du die Hand, die Dich weiter führt, Dich leitet und Dir Zugang zu den Meinungsbildnern verschafft. Morgen will ich einige Gespräche führen, um einen breiteren und vielleicht wirkungsvolleren Zugang zu den Menschen zu erlangen. Mein Ziel ist, deutschlandweite Medien wie den Stern oder die DAK mit ihrer Mitgliederzeitung zu gewinnen, über meinen Jakobsweg als Lungentransplantierter zu berichten und damit Beispiele für die Menschen zu geben. Beispiele, die von den Menschen verstanden werden.

Zuerst aber, schon am frühen Morgen, habe ich den ersten Termin in der Medizinischen Hochschule in Hannover (MHH). Der Pressesprecher der MHH ist ebenfalls sehr an einer Berichterstattung meines Jakobsweges interessiert. Außerdem ist es, wie ich meine, nur selbstverständlich, dass ich für die Leistungen meines Tx-Zentrums und seines Leiter, Prof. Dr. Haverich, auch in der Öffentlichkeit einstehe. Schließlich laufe ich meinen Jakobsweg auch für die MHH und seine Transplantations-Mediziner. Denn sie sind es, die mich so wieder hergestellt haben Dank der überragenden medizinischen Potenziale, dass ich heute den Jakobsweg laufen kann. Ein Projekt, das viele - auch die MHH und die DSO und die Pharmaindustrie - mit Spannung und Interesse eben in Hinblick auf viele Patienten verfolgen.

Wenn die Medizin für jeden Menschen verständlich ist, dann wird sie auch akzeptiert. Selbst wenn es buchstäblich schmerzhaft sein sollte. Dann aber müssen noch einige Personen lernen umzudenken, denn die Menschen in unserem Land sind "keine wandelnden Lexika". Sie wollen einfach verstehen - und ernst genommen werden! Das gilt für Mediziner ebenso wie für unsere Politiker - besonders aber jene, die aus dem Aachener Volksschulbereich kommen! Ich möchte damit an die Mediziner erinnern, die mich in meiner kritischen Lebensphase vor der Transplantation intensiv, aufwändig und immer ehrlich beraten, betreut und behandelt haben. Eine ähnliche geartete "Gutschrift" für volksnahes Verhalten, für Vorsorge und Redlichkeit (man achte mal auf das Gelübde gewählter Politiker) vermag ich niemandem zuzusprechen. Niemandem!

So, liebe Freunde draussen im Land, das musste einfach mal gesagt werden. Wie heisst es so treffend? Die Wahrheit darf immer gesagt werden! Also bleibt immer schon ehrlich, sagt wo euch der Schuh drückt und redet darüber - aber fordert von euren Politikern (von euch gewählt) ordentliche Arbeit ein. Zwingt sie einfach zur Wahrnehmung eurer Interessen.

Nachtrag: Morgen abend werde ich in Hamburg an einer Veranstaltung zum "Organspende-Dialog" teilnehmen. Dieser Abend wird von der DSO und der TK unter der Schirmherrschaft des 1. Bürgermeisters von Hamburg, Ole von Beust, veranstaltet. Deswegen werdet ihr meinen Bericht nicht morgen Abend, sondern erst am Freitag lesen können.

In diesem Sinne wünsche ich euch einen schönen und friedlichen Abend und stets Buen Camino von Lothar

Tag 47 mit 10 Km
Gesamt 799 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.141 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

28. Okt. 2008 (Barsinghausen)

Die Technik, um eine Lunge zu transplantieren, ist aufwändig. Und teuer. Aber sie rettet das Leben von Menschen, die sonst versterben würden. Rund 4.200 Menschen erhalten so ihr neues Leben. Durch ein spezialisiertes Know how, das in Deutschland zum Besten in der Welt zählt. Viele der Patienten berichten daher über ein Wunder, das bei ihnen geschah. Dabei wird oft der Organspender vergessen, denn ohne ihn würde es dieses Wunder nicht geben.

Auch ich habe meine neue Lunge inmitten dieser Apparaturen, Schläuche und Kabel erhalten. Ich denke oft an meinen (verstorbenen) Organspender und seine Angehörigen. Aber wer denkt an die kranken Menschen, die auf ein neues Organ warten? Denen nur eine Organtransplantation helfen kann? Auf den Punkt gebracht: viel zu wenige!

So hätte der Sohn von Uli Stielike dringend eine Lunge benötigt. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der TK (Techniker Krankenkasse) ergab, dass 86 % aller Deutschen keinen Organspenderausweis haben. Aus den unterschiedlichsten Gründen, wie die verlinkte Pressemitteilung zeigt. Viele der repräsentativ Befragten argumentieren mit kaum verständlichen Ablehnungsgründen. Und nehmen ihre Organe eines Tages mit in den Himmel.

Trotz vieler Bemühungen der Gesundheitsministerien in Bund und Land, der Krankenversicherungen und vieler anderer Organisationen um Aufklärung und Information ist die Meinung der Menschen überwiegend negativ. Das Ergebnis ist einer Presseinformation des Deutschen Ärzteblattes zu entnehmen. Nach den Erfahrungen auf meiner Wanderung durch Deutschland kann die Art der Ansprache und Information ein Grund zur faktischen Verweigerung der Organspende sein. Das aber wird es nicht alleine sein, denn ebenso eindeutig ist die mangelnde Bereitschaft der Menschen zum Dialog über das Sterben und den eigenen Tod.

Ein Fazit scheint mir zu sein, dass die Menschen meist von professionellen Kommunikatoren überzeugt werden sollen. Auch die eigennützige Überzeugungsarbeit durch Politik, Krankenhäuser usw. wird ein Problembereich sein, denn weite Teile der Bevölkerung empfinden die verschiedenen Kampagnen eher als ein "überstülpen" der Notwendigkeit zur Organspende. Völlig außer Acht gelassen werden dabei die persönlichen und emotionalen Aspekte eines jeden Menschen. Der Mensch muss einfach auch Mensch bleiben können und nicht durch die Vertreter von Drittinteressen zum reinen "Organlieferanten" degradiert werden.

Aus diesen Anmerkungen ist leicht zu erkennen, dass Medizin und Pharamzie viel zu stark von Interessen beeinflusst werden, die Politiker, Parteien und Organisationen gestalten. Häufig gehen solche strategischen Gestaltungen zu Lasten der Bevölkerung, also gegen den Willen der Menschen, die diese Personen in Amt und Würden wählen. Im konkreten Zusammenhang: die Menschen müssen besser und ehrlich aufgeklärt werden, um für sich selbst richtige Entscheidungen treffen zu können. Eine persönlich richtige Entscheidung (z.B. für Organspende) muss nicht immer mit dem politisch Gewolltem übereinstimmen. Ein Aspekt, der viel besser und konsequenter berücksichtigt werden muss, wie ich meine.

Damit, liebe Freunde, wünsche ich euch eine gute Zeit und einen schönen Tag. Mit einem freundlichen Buen Camino grüße ich euch bis morgen. Euer Lothar

Tag 46 mit 0 Km
Gesamt 789 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.141 Km mit Verkehrsmitteln

27. Okt. 2008 (Barsinghausen)

Frühmorgens um 06:00 Uhr in Bremen - mitten in der City am Busbahnhof wartet eine junge Ausländerin mit ihrem kargen Gepäck auf den Bus, der sie aus einem ungastlichen Land bringen wird. Aus unserem Land. Aus Deutschland.

Dieses Bild habe ich vom Fenster meines Hotels gemacht. Vor rund zwei Monaten. Und was hat sich seither bei uns in Deutschland alles getan: bei uns und in der ganzen Welt. Die Finanzkrise, die am Rand des kollabierens stehende Autoindustrie, die schwächelnde Wirtschaft, ein "Ruinator" als US-Präsident und viele Pendants in den deutschen Landesregierungen. Auch die Gastfreundschaft (vielleicht auch die Höflichkeit) sind rückläufig - nicht nur die Wirtschaft oder die Finanzen. Immer mehr Menschen geraten heute in Schieflage, können ihr Leben immer weniger meistern und geraten wie ein Schiff ins Schlingern.

Momentan scheint mir unser Land und viele seiner Menschen zunehmend in einer Art "Worthülse" zu leben. Viele, auch Politiker, artikulieren sich mit aufgeblasenen Worten ohne nennenswerte Substanz. Diese Substanz ist der Zünder zur Fortentwicklung, den die Gesellschaft und damit die Menschen brauchen. Dringend sogar, denn eine Hülse wirft man schnell fort. Ganz einfach und konsequent. Dann kann den Menschen wieder geholfen werden mit Aktionen, die sie verstehen, die sie tragen und unterstützen. So einfach ist der Grundsatz des Solidarprinzips zu fassen - und daraus ist dieser Grundsatz ja auch entstanden. Wenn wir das eines Tages wieder erreicht haben, dann werden auch Menschen wie die oben abgebildete Ausländerin mit ihren wenigen Habseligkeiten nicht mehr die Heimreise in eine unsichere Zukunft antreten müssen.

Liebe Freunde draussen im Land, ich wünsche euch heute noch einen Tag, an dem ihr auch ein wenig an unsere Menschen denkt, die in solchen "Schieflagen" ihr Leben fristen müssen - oftmals ohne Schuld. Ein freundliches Buen Camino wünscht Lothar


Tag 45 mit 0 Km
Gesamt 789 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.141 Km mit Verkehrsmitteln

26. Okt. 2008 (Barsinghausen)

Nun war es vergangene Nacht wieder mal soweit: Umstellung auf die Winterzeit. Und wenn ihr mal auf das Bild klickt, könnt ihr es vergrößern und Kommentare und Meinungen der Katzen lesen. Katzen haben irgendwie das richtige Schlafquantum. Es ist wieder Winterzeit! Auch für uns Menschen.

Doch was bedeutet das für uns? Es wird ein wenig früher hell, also schneller das Licht ausschalten. Haha, Strom gespart, lieber Zeitgeist. Hoppla, am Nachmittag wird es ja schon um 16:30 Uhr dunkler. Was soll denn das? Schon wieder Licht einschalten? Aber was muss das muss - und schon wieder Kosten aufwenden, die wir doch erst morgens früh eingespart haben. Also kein wirklicher Gewinn. Vielleicht ja nur kalkulatorisch. Doch wer hat etwas davon? Auf jeden Fall nicht wir. Vielleicht die Energiebörse in Leipzig? Oder profitieren dort wieder mal nur die Konzerne? Wie es scheint ist es so. Jedenfalls gibt es schon ein ganz konkretes Ergebnis.

Meine Wanderung muss ich aus mehreren Gründen unterbrechen. Einmal aus den oben schon angesprochenen Gründen der Zeitumstellung. Wenn es nachmittags früher dunkel wird, kann ich weniger Strecke wandern. Die Folge: meine Wanderung dauert zeitlich länger. Frühere Übernachtungsgelegenheit suchen hat erhöhte Kosten zur Folge für Kommunikation, Essen usw. Also bin ich - einfach gesagt - ein Opfer der nicht mehr zeitgemässen Zeitumstellung und seiner direkten Folgekosten. Das geht nicht nur mir so, sondern auch vielen anderen Menschen und Ländern. Es ist, wie ich meine, an der Zeit, die Notwendigkeit der Zeitumstellung, die ja immerhin zwei Mal jährlich in einer Menge Länder erfolgt, kritisch zu hinterfragen und mit Zahlen zu unterlegen. Eine sicher lohnenswerte Aufgabe für die im letzten Tag schon angesprochenen Verantwortungsträger - die ja immerhin eine Menge Verantwortung für uns, die Bevölkerung, haben.

Vielleicht haben es ja die Katzen, die im Bild oben dargestellt sind, doch durch ihr einfach natürliches Verhalten "eine gute Ecke besser" als wir Menschen. Eine durchschnittliche Katze schläft im Schnitt rund 18 Stunden am Tag. Nicht schlecht, meine ich - und übertragen auf uns Menschen bedeutet dies, dass wir viele der unschönen, katastrophalen, hektischen, egoistischen, verantwortungslosen Dinge (und so manches mehr) einfach verschlafen würden. Auch die Zeitumstellung würde sich schlicht und einfach erübrigen.

Wenn ihr einmal seht, wie sehr sich Katzen ein paar Tage durch diese (wohl unnötige) Zeitumstellung quälen, dann würdet ihr das wohl auch lassen - zumal nur ein paar wenige Konzerne (und wohl auch "Schaltstellen-Politiker") davon profitieren. Also, liebe Freunde draussen im Land, fordert eure Politiker in Kommune, Land und Bund, von dieser Regelung endlich wieder Abschied zu nehmen.

Für mich hat es die Konsequenz, meinen Jakobsweg zeitlich und sachlich umzustellen. Ab sofort ist also Schengen der erste Drittelpunkt. Meine Umstellung hat als erste Konsequenz, dass ich bis cirka Mitte Januar 2009 primär meiner Aufgabe als Botschafter der DSO in Deutschland folgen werde. Ich werde also vielen Terminen im laufenden Jahr, besonders im November, folgen. Weitere Terminierungen werden für den Dezember folgen. Über die Feiertage von Weihnachten und Neujahr werde ich allerdings Pause gemeinsam mit meiner Frau machen - das wird sicher jeder verstehen. Voraussichtlich ab Mitte Januar 2009 wird es wieder auf meinen Jakobsweg gehen und das zweite Drittel des Weges von Schengen nach St-Jean-Pied-de-Port wird mein Weg sein.

Trotzdem wird mein Blog natürlich jeden Tag fortgeführt und ihr seid bei all meinem Tun immer dabei. Erlebt, wie ich Firmen dazu versuche zu bewegen, ihre Mitarbeiter zur Organspende zu bewegen. Lest hier, wie ich Bürgermeister in ihren Städten in die Arbeit um die Organspende einbinden möchte. Seid einfach -wie bisher - live dabei und erlebt in allen Schattierungen meinen Jakobsweg mit. Es ist schließlich das erste Mal in Europa, dass so eine Möglichkeit übers Internet angeboten wird. Ich freue mich darauf, euch auch weiterhin "an Bord meines Jakobsweges" mit allen Details zu wissen. Damit wünsche ich euch allen einen friedlichen und schönen Abend im Kreis eurer Familie. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 44 mit 0 Km
(Gesamt 789 Km Wanderung und 3.141 Km mit Verkehrsmitteln)

25. Okt. 2008 (Dorum - Barsinghausen)

Die Rückfahrt von Dorum nach Barsinghausen war schon wunderschön: herrliche Landschaften des Nordens, strahlender Sonnenschein und ein leicht bewölktes Wetter in den Wohnorten der Schüler, die überwiegend im Gebiet nordwestlich von Herford beheimatet sind. Vielleicht ist ja ein wenig Wahrheit daran, wenn man sagt "die Luft an der Nordsee macht müde" - die Schüler dieser Klassenfahrt sind (überwiegend zumindest) auf der Rückfahrt in den Autos leicht eingeschlafen.

A propos Wohnorte der Schüler: falls einer meiner Leser denkt, Schüler hätten ein schönes oder angenehmes Leben - das sollte zumindest zum Teil relativiert werden. Dazu muss man sich einfach mal vor Augen halten, wie weit die Schüler teilweise von der Schule entfernt wohnen, welche Verkehrsmittel sie nutzen müssen und welche Fahrzeiten damit verbunden sind. Da entstehen Tagesabläufe, die morgens früh um 05:30 Uhr beginnen und am Abend erst enden.

Gerade in ländlichen Regionen sind die Menschen (beispielsweise Schüler, aber natürlich auch ältere Mitbürger, Mütter mit Kinderwagen usw.) objektiv benachteiligt - so sehr benachteiligt, dass das in einem Teil der deutschen ländlichen Gebiete praktisch schon an eine Ausgrenzung vom normalen Leben grenzt. Schuld daran sind keineswegs die Bürger, die mit ihren Familien in diesen Gebieten leben. Nein, in erster Linie sind das die Politiker aus Land und Kommune, deren Horizont (und das Wissen) nicht ausreicht, um die ganz alltäglichen Probleme dieser Menschen zu verstehen. Dafür reicht ihr Potential (leider) immer dafür aus, eine Prognose für die nächste Wahl zu machen, eine Fehlkalkulation vorzunehmen und ähnliches. Leidtragende sind ja nicht diese Herren selbst, sondern immer der Bürger als Betroffener.

Schade und ärgerlich ist dabei, dass Jahr für Jahr solche Fehler zwar immer wieder dargestellt werden in Schwarzbüchern der Steuergewerkschaft, der Rechnungshöfe und Organisationen wie Transparency (um nur ein paar Beispiele zu nennen); leider wird kein einziger der dafür verantwortlichen Herren Politiker dafür zur Verantwortung gezogen. Kein einziger! Und das Verantwortungsloseste ist, dass keiner dieser Verantwortungsträger die Verantwortung für sein Tun tragen will. Das zuzumuten sei doch - so eimal ein Politiker - verantwortungslos!

Mit diesen nicht ganz falschen Gedanken, die durchaus ein wenig Zynismus beinhalten, möchte ich den Schülern in diesem Land Mut zur selbstbestimmten Zukunft machen. Eine Zukunft, in der sie selbst zu legislativ Handelnden werden und die heutigen "Verantwortungsträger" nur noch ähnlich hilflos zuschauen können, wie dies die Jugend heute muss. Vielleicht ist diese neue Generation zu mehr Rücksicht und behutsamer Planung fähig.

Tag 43 mit 0 Km
(Gesamt 789 Km Wanderung und 3.141 Km mit Verkehrsmitteln)

24. Okt. 2008 (Dorum - Wattenmeer)

Zwei Gruppen (eine davon die Schüler, die ich begleitet habe) im Regen im Wattenmeer vor Dorum. Einfach auf den Punkt gebracht: es war ein Erlebnis. In verschiedener Hinsicht sogar. Die Schüler haben überwiegend zum ersten Mal einen Fisch in der Hand gehabt. "Wie lebt ein Fisch, was frißt er und wie werden die Arten untereinander erkannt?" Fragen, die ja wohl jeden Schüler interessieren. Erstes zögerndes Betrachten, des Beifanges, bevor der erste Schüler einen Fisch ergriff (allerdings erst nach der konkreten Aufforderung durch die Referentin).

Das Wattenmeerforum Dorum hat die Erläuterungen, Informationen und auch die Visualisierung sehr gut und verständlich vorgenommen. Ich denke, dass die Schüler von diesem Besuch einiges wissenswerte mitgenommen haben. Vielleicht ist ja auch ein wenig Neugier auf die Nordsee und das (weltweit einzigartige) Wattenmeer entstanden. Zu wünschen wäre es ja. Ein besonderes Highlight allerdings ist der alte Leuchtturm, der von einem Verein gepflegt und gewartet wird und von Besuchern besichtigt werden kann. Der unter "Leuchtturm" im Text hinterlegte Link führt auf die Seite dieses Leuchtturms, der viel zu bieten hat und tidenabhängig geöffnet ist.

Damit ist dieses Wochenende auch vorbei. Leider, muss ich in gewisser Weise sagen, denn es war schon sehr interessant und manchmal auch spannend, mit den jungen Leuten eine Zeit "quasi unter einem Dach" zu verbringen und ihre Sorgen, Fragen, Wünsche und - manchmal auch - Nöte anzuhören und mit ihnen zu diskutieren. Allerdings ist "mein" Thema, also Organspende und Transplantationsmedizin ein wenig auf der Strecke geblieben. Aber bei dem Interesse der Jugendlichen an der See ist das wohl zu akzeptieren. Sonst würde es schon ein wenig den Beigeschmack des Vorbeidrängens haben.

Damit euch allen ein schönes Wochenende und ein freundliches Buen Camino von Lothar

Tag 42 mit 10 Km
(Gesamt 789 Km und 3.141 Km mit Verkehrsmitteln)

23. Okt. 2008 (Barsinghausen - Dorum)

Dieses Bild zeigt den abendlichen Fischereihafen der Stadt Bremerhaven. Ein wenig weiter nördlich liegt Dorum - Ziel der Klassenfahrt, die ich begleite. Dorum selbst liegt zwischen Bremerhaven und Cuxhaven, hat einen kleinen Fischereihafen, der hauptsächlich von Krabbenkuttern angelaufen wird. Diese Fahrt hat in erster Linie biologische Aspekte zum Thema; allerdings werde ich (begleitend, weil es eben auch zur Biologie gehört) etwas zur Organspende und der Transplantationsmedizin erzählen. Und sicher einiges an Fragen beantworten müssen.

Für meine Leser mit Interesse an der medizinischen Seite meines Jakobsweges: gestern habe ich wieder meine aktuellen Laborwerte (zwei DIN A 4-Seiten) erhalten. Zwar gibt es bei ein paar Werten geringfügige Abweichungen; die sind allerdings nicht neu und auch nicht im bedenklichen Rahmen. Besonders Werte wie Leukozyten, Creatinkinase und Harnsäure, um ein paar konkret zu nennen, sind gut bzw. mit geringen Abweichungen vom Sollbereich. Auch die Creatinkinase (CK) hat sich nach der Rhabdomyolyse (die mich ja vor sechs Monaten in einen Rollstuhl brachte) konstant und stabil gut entwickelt. Fazit: auch extreme Wanderungen bringen meinen Organismus und seine biologischen Funktionen nicht aus dem Gleichgewicht. Sogar mein Blutzucker hat sich durch das Wandern de facto vollkommen normalisiert. Die Folge: keinerlei Insulinspritzen mehr - und das nach Blutzuckerwerten von weit über 600.

Daraus ist eine wesentliche Folgerung zu ziehen, die für viele Menschen - besonders ältere und erkrankte Personen - gültig ist. Bewegung und Sport sind in jedem Alter möglich und sinnvoll. Die Wichtigkeit kann sicher jeder beim Lesen dieser Zeilen, diesen Beschreibungen und beim Betrachten meines heutigen Leistungspotenzial leicht verstehen und gut nachvollziehen. Sport und tägliche Bewegung sind zwar kein Allheilmittel; sie helfen allerdings sehr stark, um wieder in Form zu kommen - und zu bleiben. Alles eine Grundvoraussetzung, um gesund zu bleiben. Fragt einfach euren Arzt. Er wird (bis auf ganz wenige Ausnahmen) meine Feststellung bestätigen.

Wer mag, kann mich allerdings auch direkt persönlich anschreiben und seine Fragen bei mir stellen. Ich antworte so schnell es geht. Versprochen. Einfach hier klicken und eine Mail an mich senden.

Damit wünsche ich allen meinen Lesen einen guten und schönen Tag. Da ich nicht weiss, ob ich heute noch einen WLan-Port bekomme, sende ich diesen Bericht schon recht zeitig am Tag ab. Die Fortsetzung gibt es dann morgen von der Nordseeküste. Damit euch allen ein nettes Buen Camino von Lothar

Tag 41 mit 12 Km
(Gesamt 779 Km und 2.544 Km mit Verkehrsmitteln)

22. Okt. 2008 (Barsinghausen)

Nein, liebe Freunde - ich bin nicht per Beamer in den Alpen gelandet, auch wenn die Totale des Pasterzengletscher und des Großglockner zu sehen ist. Dieses Bild habe ich im letzten Sommer als Urlaubsbild gemacht und es steht für die immer stärker werdende Erderwärmung. Ein Dauerbrenner, dieses Thema. Allerdings nicht für meinen Blog. Und nicht für heute. Heute habe ich andere Themen für euch. Heute bin ich daheim, bei meiner Frau. Und morgen steht eine Reise mit Schülern an, die etwas zum Thema Biologie und zur Organspende wissen möchten. Vielleicht ja auch etwas übers Wandern. Also werden wir uns morgen virtuell von Dorum an der Nordsee wieder lesen.

Damit aber zu einem anderen Thema. Heute ist der Tag, wo ihr eine Hälfte meiner gesamten Blogs aus der Vorlaufphase lesen könnt und die andere Hälfte gibt euch wider, wo ich jeweils mit welchen Eindrücken und Erfahrungen gewandert bin. Wenn ich diese Seiten (und die darin beschriebenen Erlebnisse und Erfahrungen) beispielsweise in ein Buch "packen" würde, es kämen wohl schon einige Seiten zusammen. Diese Seiten sind allerdings auch ein Spiegel der Erfahrungen, die ich persönlich, aber eben auch gemeinsam mit meinen Mitmenschen in diesem knappen Vierteljahr gemacht habe. Damit will ich euch allen, die ihr da draussen im Land seid und lebt, ein Kompliment machen: ihr wart alle gute, interessante und ab und zu auch ausgefallene Gesprächspartner. Wo immer ich euch auch getroffen habe: sei es im Kloster, auf dem Bahnsteig, in den Städten oder sonstwo. Und ich möchte mich zum Anlass dieses Tages einfach auch mal für eure Idee, Hinweise, Aufmerksamkeiten und was auch immer bedanken. Danke dafür euch allen.

So wie es sich bislang entwickelt hat möchte ich einfach mal feststellen: es macht Spass (allerdings auch mir) für euch und für euer Interesse zu laufen, denn das versuche ich auch durch meine Links in meinen täglichen Anmerkungen zu fördern und zu kommentieren. Damit aber zu weiteren Themen, denn meine Zeitplanung ist im kommenden Monat nicht so ganz einfach. Darum will ich die "Terminflut" im November einfach mal in einigen Worten versuchen darzustellen:

  1. Am 04.11. habe ich einen wichtigen Arzttermin in Barsinghausen
  2. Der 06.11. sieht mich in einem Konzert in Hamburg
  3. Am 07.11. muss ich an einer Sitzung in Hannover teilnehmen
  4. Der 08.11. sieht mich am 80. Geburtstag meiner Tante in Hannover
  5. Am 13.11. habe ich Termin in der Tx-Ambulanz in Hannover
  6. Der 14. und 15.11. sieht mich als Teilnehmer einer MHH-Tagung
  7. Vom 20. - 23.11. werde ich auf der Boot & Fun-Messe in Berlin sein

Ein volles Programm, bei dem es im Hintergrund auch immer um das Thema Organspende geht. Immer um die Versuche, die Menschen von der Wichtigkeit (und ihrer Bereitschaft) zur Organspende zu überzeugen, Gespräche zu führen, Meinungen zu kanalisieren usw. Zugegeben, manchmal schon etwas mühselig. Aber immer lohnenswert. Besonders, wenn es gelingt, Menschen von der Wichtigkeit und Notwendigkeit zu überzeugen.

Also, liebe Freunde, ihr könnt sehen, dass ich ein buchstäblich "volles Programm" habe. Ein volles Programm, um die Menschen von der Wichtigkeit der Organspende, aber auch der Transplantationsmedizin zu überzeugen. Und auch einen voll gepackten November. Einen Monat, in dem ich nicht viel zum Wandern komme. Eine momentan klar eingrenzbarer Abschnitt wird nach meiner Rückkehr von der Nordsee sein, der bis längstens zum 03. November dauern wird. Ein Abschnitt, der mich dann von Schengen in Luxemburg nach Vézeley in Frankreich führen wird.

Dieser Status hat sich heute recht schnell ergeben, nachdem Ewa und ich einige terminliche Fakten abgeglichen und unter einem gemeinsamen Nenner koordiniert haben. Dieser "gemeinsame Nenner" lautet natürlich - sicher verständlich für jeden meiner Leser - Fortsetzung meines Privatlebens gemeinsam mit meiner Frau und unter Berücksichtigung meiner Langstreckenwanderung. Diese allerdings wird nach meiner Rückkehr von Vezeley erst im neuen Jahr fortgeführt werden. Ich denke (und hoffe), dass dies jedem nach diesen Erläuterungen auch verständlich ist.

Damit, liebe Freunde und Leser meines Blogs, wünsche ich euch einen guten und schönen Abend. Morgen dreht sich die Welt weiter, aber heute genießt einfach einen schönen Abend - so wie Ewa und ich das machen. Buen Camino wünscht euch allen da draussen im Land euer Lothar

Tag 40 mit 8 Km

(Gesamt 767 Km, davon 2.324 Km mit Verkehrsmitteln)

21. Okt. 2008 (Konz - Schengen)

Das erste Ziel, der Ort Schengen, ist erreicht. Das Bild wurde auf der Brücke, die in den Ort hinein führt, gemacht. Es zeigt im Hintergrund Teile des Ortes und dahinter die Schengener Weinberge. Und ein wenig stolz bin ich schon, denn einen so langen Weg ist noch kein Lungentransplantierter gewandert. Mit der Strecke des heutigen Tages (35 Km) habe ich jetzt 759 Km gewandert.

Auf dem Weg nach Schengen habe ich auch das Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und Luxemburg passiert. Schengen, ein Name den mittlerweile wohl jeder kennt. Natürlich, der Hintergrund ist das viel zitierte Schengen-Abkommen, das uns Europäern heute dokumentenfreies Reisen in der Europäischen Union ermöglicht.

Aber Schengen ist auch mehr. Es ist ein wichtiger Punkt im Netzwerk der Wege europäischer Jakobspilger auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela. Von hier sind es noch 2400 Km bis zur Kathedrale von Santiago. Seit der Dominformation in Trier weiß ich, dass momentan noch ein Mann den Weg nach Santiago läuft, allerdings mit rund drei Wochen Vorsprung. Ihn werde ich sicher nicht mehr einholen können, denn ich habe ja auch meine Pausen (Medikamente, Labore und Transplantat-Kontrolle).

Heute habe ich in einer Zusammenfassung für die Deutsche Stiftung Organtransplantation und die Medizinische Hochschule einen kurzen Zwischenbericht gegeben. Danach ist mein Allgemeinzustand wie auch die spezifischen Laborwerte als gut zu bezeichnen. Auch der am Anfang schon einmal angesprochene FEV1-Wert meiner Lunge ist stabil und mit 4,7 bis 4,8 Liter durchaus konstant und gut. Also, wie ich meine, kein Grund zur Sorge. Aber trotz dieser guten Werte wird es morgen früh wieder einen Arztbesuch geben, um alle Laborwerte zu kontrollieren und ein präzises Bild zu haben. Das ist eben wichtig und unverzichtbar.

Eine wichtige Information für alle meine Leser. Mit der Ankunft in Barsinghausen endet der ersten Etappenblock. Ab morgen bereite ich eine Reise mit Schülern vor, die uns an die Nordseeküste (nach Dorum) führen wird. Natürlich werde ich auch von meiner Wanderung berichten. Allerdings wird auch Organspende ein Thema sein und ich glaube, dass viele Fragen zu beantworten sind.

Die exakte Planung der nächsten Tage und Wochen werde ich euch hier im Blog nach der Rückkehr von der Nordsee mitteilen. Außerdem brauche ich noch ein wenig Zeit um den nächsten Etappenblock vorzubereiten. Damit ihr auch eine Vorstellung bekommt: es gibt über die Etappen von Schengen (Luxemburg) bis nach Vézeley (Frankreich) keine nennenswerte Streckenkennzeichnung. Alles muss also nach Karten und gegebenenfalls nach Kompass erfolgen. Die Vorbereitungen sind schon deshalb relativ aufwendig, weil ich mancherlei Rückfragen habe, die auch ein wenig Zeit benötigen.

Es ist also schon ein wenig anders als in Deutschland zu laufen. Hinzu kommt die Jahreszeit und das schlechter werdende Wetter, das ebenfalls einiges an Vorbereitungen benötigt. Dieser “erste Abschnitt in Frankreich” macht rund 450 Kilometer aus. Wann ich diesen Etappenblock starte und wie ich in zeitlich plane, erfahrt ihr wie üblich aus meinem täglichen Blog.

Damit euch allen noch einen schönen und friedlichen Tag. Ein freundliches Buen Camino begleitet euch in den nächsten Tag und mir nach Barsinghausen. Euer Lothar

Tag 39vmit 35 Km
(Gesamt 759 Km, davon 1.783 Km mit Verkehrsmitteln)

20. Okt. 2008 (Erdach - Trier - Konz)

Natürlich beginnt der heutige Bericht mit dem Wahrzeichen von Trier: der Porta Nigra. Jedoch ist die Porta nicht im Nebel - im Gegensatz zum heutigen Tag, den ich meist im Nebel verbrachte. Gute Bilder zu machen war nicht so einfach, aber ich denke, es hat überwiegend doch ganz gut geklappt.

So wie der gestrige Tag aufhörte, so begann er auch. Mit verständlichem "Wehklagen" und "Jammern", das allerdings zu keinen Lösungen führt. Ich vermute, dass es sich bei der Vermieterin um das Kernproblem "Los lassen" handelt. Dabei jedoch kann ich mit einem kurzen Aufenthalt keinerlei Lösung anbieten. So leid es mir ja auch tut, denn in eine solche Lage kann jeder recht schnell und ohne eigenes Verschulden geraten.

Einen gut Teil dieses Tages habe ich in Trier zugebracht, die ja immerhin die älteste Stadt Deutschlands ist. Die Innenstadt, der Dom und seine Nebengewölbe (in jedem Fall sehr sehenswert) und auch der Stadtkern mit seiner Shopping-Area wird sicher manchen begeistern. Auch die vielen historischen Gebäude bis hin zum Dom sind bestimmt für viele Menschen eine Wochenendreise wert. Dass das Wahrzeichen Triers, die Porta Nigra, natürlich Jahr für Jahr hunderttausende Gäste aus aller Welt anzieht wird den meisten Menschen auch bekannt sein.

Auch des Berichtens Wert sind meine Gespräche zum Thema Organspende. Vielleicht erinnert ihr euch ja auch daran, dass ich als Botschafter der Deutschen Stiftung Organtransplantation unterwegs bin und als Betroffener versuche, die Menschen von der Notwendigkeit und Wichtigkeit einer Organspende zu überzeugen. So habe ich heute im Trierer Domforum ein längeres Gespräch mit den Mitarbeitern zur Organspende geführt. Diese Gespräche werden auf jeden Fall fortgesetzt und mit Hilfe der DSO in Frankfurt werden wir möglicherweise auch einen Aufsteller mit Organspendeausweisen im Domforum aufstellen können. Also, es geht weiter vorwärts. Aber es ist auch weiterhin daran zu arbeiten. Und das wird schon ab dem 23. Oktober erstmals auf der Reise mit einer Klasse Schüler an die Nordseeküste geschehen.

Auch von diesen Reisen und Aktivitäten werde ich hier in meinem Blog immer berichten. Tagaktuell, wie ihr es gewohnt seid. Doch jetzt, zum Ende meines Berichts, noch ein anderes Thema. Ein Punkt, der mir heute sehr zu denken gab und den ich teilweise auch fotografisch festgehalten habe. Einige Stichworte habe ich quasi als Gedächtnisstütze für meine weitere Arbeit notiert. Dies wird allerdings erst nach dem Ende meines Jakobsweges der Fall sein können. Also, um es auf den Punkt zu bringen: Karthaus, ein kleiner Ort, der dem (früheren) Kloster seinen Namen gab. Heute ist das noch recht ansehnliche Gebäude im Eigentum der Stadt Konz (Karthaus ist ein Teil von Konz), die ein Altenheim, einen Schachclub und diverse andere Dinge dort untergebracht hat. Nur kein Kloster mehr. Und auch der Ort ist unglaublich verkommen und dreckig. Einem Passanten habe ich heute gesagt: dieses Bild einem Reisenden ohne Vorwarnung präsentiert veranlasst jeden zum sofortigen Verlassen dieses Ortes. Wie gesagt, ich habe dies mit Fotos dokumentiert und diverse Gespräche mit jungen Ortsansässigen geführt. Auch wenn ich hier keine Einzelheiten nennen will, ein Entschluss war für mich klar: diese Situation in Karthaus muss recherchiert werden. Bei jungen, meist arbeitslosen, Einwohnern. Aber auch bei den Offiziellen der Stadt, bei Vertretern der Landesregierung usw. Der Grund meiner Zurückhaltung ist einfach: wenn ich an dieses Projekt gehe, werden umfangreiche Gespräche und versteckte Recherchen durchgeführt werden müssen. Die möchte ich jetzt natürlich noch nicht gefährden. Aber eine ganze Stadt und mit ihr seine jungen Menschen so verkommen zu lassen, ohne Chancen auf eine halbwegs ordentliche Zukunft, ist sträflich und bedarf der Öffentlichkeit. Und zwar in einem solchen Umfang, dass die Offiziellen nicht mehr anders können als diese Zustände zu ändern. Zum "reinschmecken" nur so viel: eine Gang mit dem Kürzel "KC" (KonzClique). Vandalismus und Gewalt sind dort nach wie vor an der Tagesordnung - und die Vertreter der Stadt legen ihre Hände in den Schoß ...

So, liebe Freunde, mit diesem wieder etwas ausführlichen Bericht wünsche ich euch allen noch einen schönen Abend. Morgen geht es weiter in Richtung Grenze - und in meinem Bericht werde ich dazu auch was erzählen. Ein freundliches Buen Camino euch allen von Lothar

Tag 38 mit 39 Km
(Gesamte Wanderstrecke: 724 Km und 1.783 Km in Verkehrsmitteln)

19. Okt. 2008 (Gerolstein - Prüm - Erdach)

Auch das gibt es noch. Ein Schienenbus, der jedes Wochenende von Gerolstein nach Kaiseresch und zurück fährt. Für die Eifelquerbahn. Ein richtiges Altertümchen und wie ihr sehen könnt, wirklich in sehr gutem Zustand. Schaut euch einfach mal die Website der Eifelquerbahn an und lasst euch überraschen. Eine Wochenendtour lohnt sicher allemal. Doch zurück zu diesem Tag, der früh Morgens in der Gerolsteiner Jugendherberge begann.

Eigentlich ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch: früh morgens in Gerolstein undurchsichtige Nebelschwaden, in denen ich bergab zum Bahnhof lief. Auf dem Programm stand heute ein Ausflug per Bahn nach Prüm. Erste Überraschung: Prüm hat seit Jahren keine Schienen mehr. Kein Beinbruch, denn es gab ja den SEV, wie das Bus fahren im Bahnauftrag heute genannt wird. SEV steht für Schienenersatzverkehr. Ob es wirklich immer solche seltsamen Wortungeheuer sein müssen vermag ich nicht zu beurteilen; aber mir stellt sich schon die Frage, warum man das Vehikel, dass da vor einem abfahrbereit steht, nicht auch einfach “Bus” nennt. Aber das wird wohl das Geheimnis des einzigen Mannes der Republik bleiben, der mit Vornamen bekanntlich “Bahnchef” heißt.

Die Basilika in Prüm ist schon einen Besuch wert. Die Salvator-Kirche der ehemalige Benediktiner-Abtei wurde im Jahr 721 erstellt; die Abtei hingegen im 18 Jahrhundert aufgegeben. Die Basilika ist geblieben und dominiert heute das Bild dieses eher beschaulichen Eifelstädtchens. Die ehemalige Abtei und ihre um die Kirche angesiedelten Gebäude sind heute ein bekanntes Gymnasium, das von Schülern aus Stadt und Umland frequentiert wird.

Damit Ende des Besuches in Prüm und weiter nach Waxweiler - so jedenfalls meine Planung. Und irgendwie habe ich wohl “irgendeine Kurve” nicht richtig genommen. Jedenfalls landete ich statt in Waxweiler im Kloster St. Thomas, das ebenfalls sehr schön und baulich hervorragend hergestellt wurde. Die Klosteranlage ist heute ein Exerzitienhaus des Bistums Trier und nach meinem Eindruck auch sehr gut frequentiert. Geografisch fast versteckt gelegen ist St. Thomas nur über eine Mini-Strasse erreichbar. Eine Bahnlinie führt zwar auch vorbei, ist aber nicht so unbedingt stark befahren. Ein schöner aber anstrengender Weg ist der über die Berge, die hier schon recht ansehnlich und anspruchsvoll sind. Jedenfalls für den Normalwanderer.

Nach einem intensiven und tief gehenden Gespräch mit dem Leiter dieses Hauses machte ich mich auf den Weg in Richtung Trier, wobei in der nächsten Stadt (nach dem Tunnel) in Kyllburg "Siesta" war. Schon bei der Ankunft wusste ich: hier läuft etwas völlig anders. Warum? Auf dem Bahnsteig (auf dem kommt man nach dem Weg automatisch an) saß eine Gruppe Leute, die recht nett waren. Lachen, in der Sonne sitzen, trinken, reden - und dann plötzlich ein Wanderer. Plötzlich kamen Fragen. Viele Fragen. Und so erzählte ich meine Geschichte. Vom Jakobsweg, der Strecke, meiner Transplantation und damit war die Eskalation des Gespräches buchstäblich vorprogrammiert. Um es in "einem" Wort zu sagen: es war ein lustiges, gutes, ernstes, schönes, emotionales Gespräch! Und es hätte mich fast eine Nacht gekostet. Immerhin musste ich mich ja noch um eine Unterkunft bemühen. Das ist nach diesem Nachmittag buchstäblich fast auf der Strecke geblieben.

Viel zu spät begann ich die Suche. Und ich begann sie damit, einfach den nächsten Zug (ja, es ging ja nicht mehr anders und an diesem Ort gab es keine Chance) in den nächsten Ort zu nehmen. So kam ich in Erdach an, einem Ministadtteil von Bitburg. Die Möglichkeiten waren nach einer kurzen Rückfrage am Bahnhof schnell geklärt: zwei Wege, rechts zum Gasthof (nicht sehr Vertrauen erweckend), links zum Vermieter von Monteurzimmern. Die Entscheidung war schnell gefallen und ich hatte eines der Monteurzimmer. Das war der Weg in die Traurigkeits-Übernachtung. Die Witwe (Ehemann vor eineinhalb Jahren verstorben) war noch immer in schier unendlicher Trauer, erzählte ungefragt ihre gesamte, Lebens-, Leidens- und Trauergeschichte und zog mich in diese Stimmung. Bei allem Verständnis fühlte ich mich damit überfordert. Selbst unter Berücksichtigung meiner vieljährigen Erfahrungen bei der Telefonseelsorge. So zog ich mich recht schnell zurück, wenngleich auch mit ein wenig schlechtem Gewissen. Doch beim besten Willen kann ich nicht der Seelsorger aller möglichen Situationen sein. Tut mir leid, das geht nun wirklich nicht.

Nach einer kurzen, unruhigen Nacht war ich schon recht froh, dieses Haus doch wieder verlassen zu können. Damit, liebe Freunde, euch alles erdenklich Gute und nicht solche Schicksalsschläge, wie sie diese Familie hat hinnehmen müssen. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 37 mit 40 Km
(Gesamte Wanderstrecke: 685 Km und 1.783 Km in Verkehrsmitteln)

18. Okt. 2008 (Rech - Dahlem - Gerolstein)

Blankenheim in der Eifel, ein sehr schöner kleiner Ort, der mancherlei zu bieten hat. Die Ahrquelle zum Beispiel. Oder eine der kleinsten Kommunitäten Deutschlands, die nur noch aus zwei Schwestern besteht. Dort habe ich meinen Pilgerstempel des heutigen Tages erhalten. Besonders sehenswert auch Burg Blankenheim, die heute eine Jugendherberge ist.

Dieses kleine Städtchen war der Start nach meinem Ruhetag in Rech. Die Strecke führte mich per Bahn nach Blankenheim. Dort startete ich zur Fortsetzung des Weges, der mich nach 34 Km in das Städtchen Dahlem und nach Gerolstein brachte. Mit Gerolstein als meiner heutigen Quartierstadt verbindet mich eine rund 40-jährige Tradition, denn damals wurde ich mit 19 Lebensjahren in diesen Ort zur Bundeswehr einberufen. Nun, an die Zeit in Gerolstein habe ich keine so tollen Erinnerungen, wie das manche ja schildern können. Im wesentlichen ist die Zeit zu beschreiben mit einem Nato-Alarm, wie das im fachlichen Deutsch der Militaristen heisst. Da ich in dieser besagten Nacht Dienst im Telex-Zentrum hatte, musste ich einen solchen Alarm natürlich weitermelden. Da ich aber "irgendwie eingeschlafen" war, ging das natürlich nicht - und die ganzen 600 Soldaten dieses Bataillons durften weiterschlafen statt ins Gelände zu marschieren. Ergebnis: ich hatte sehr viele Freunde (solche Alarme kann kein Soldat leiden), dafür wurde ich nach Bonn versetzt. Soviel also zu meiner "Tradition" in Gerolstein. Wie ich hier aber erfahren konnte, wird mit Ende diesen Jahres die Ausbildung junger Soldaten eingestellt.

Trotzdem ist die Eifel eine schöne, manchmal kalte Ecke unseres Landes. Selbst heute früh war ein Teil dieses Gebietes mit Raureif bedeckt. Auch wenn es (bei unzureichender Kleidung) ein wenig frisch ist, so bietet die Landschaft schon wunderschöne Bilder, wie ihr aus der verlinkten Seite sehen könnt. Herbst- und Wintertage haben schon herrliche Seiten, nicht nur die Sonnentag.

Damit aber zurück nach Gerolstein und meiner Unterkunft. Die Realitäten sind heute abend gnadenlos: ein Karnevalsclub aus dem Rheinland hat die gesamte Herberge gebucht. Mit Glück habe ich noch ein Zimmer erhalten. Und jetzt schleppen sie alles mögliche an Musikinstrumenten in den Speisesaal. Mal sehen, was das werden wird. Vielleicht eine der "Generalproben" für den kommenden Rosenmontagszug (obwohl der eigentlich noch weit weg ist). Wer weiss es. Morgen werde ich darüber eine kleine "Nachlese" halten.

Stichwort Nachlese: gestern am späten Abend hat es eine der besten Nachrichtensendungen gegeben, die ich jemals gesehen habe. Das Heute Journal des ZDF. Voller Esprit, Geist, Witz und ein gerüttelt Maß beißende Ironie. Das Thema ist sicher jedem Leser klar: der Staat und seine Finanzen, die Banken und ihre Manager, alle zusammen mit einem "riesigen Rührlöffel" namens Steinbrück, der alles in die richtige Reihenfolge bringen soll. Der "böse Bube" des Tages: der Chef der Deutschen Bank, Ackermann. Dieser "smarte und kooperationsbereite" Finanzjongleur ist doch wirklich Willens, einige Millionen seines ohnehin mehr als fürstlichen Salairs zu "opfern" und das Geld "wohlverdienten" Mitarbeitern (wie er sagte) zukommen zu lassen.

"Welch ein Hohn" tönte es aus allen Politikrichtungen und wenig feine Worte sind dabei gefallen. So äußerte sich der Chefsprecher des HeuteJournals: "Ackermann ist der zynischste kleinkarierte Prolet der Nation, sonst würde er keinen Cent spenden. Außerdem kostet ihn das bereinigt kaum etwas". Auch die "Millionaire Fair" in München war dem HeuteJournal einen Beitrag wert, der an Ironie kaum zu überbieten war. So war die Rede von Zigarren, die mit Blattgold überzogen sind und damit das maximale Proletenverhalten (Zitat: ZDF) an den Tag legt. Damit zum Schlusswort: Eberhard Pilz - ebenfalls gestern abend im ZDF mit einem Filmbeitrag - formulierte "Angst frisst Vertrauen auf" und könnte noch lange zu einem Initialzünder für unsere Banken- und Finanzmisere werden. Warten wir es ab - mehr können wir ja ohnehin nicht tun.

Damit, liebe Freunde, komme ich mal zum Ende. Trotz allem, es war ein schöner und anstrengender Tag. Hoffentlich seid ihr mit eurem Tag ebenfalls zufrieden. Ich bin es jedenfalls. Damit wünsche ich euch noch einen schönen Abend mit einem freundlichen Buen Camino. Euer Lothar

Tag 36 mit 34 Km (Gesamt 645 Km)

17. Okt. 2008 (Ruhetag in Rech)

Ein Bild von der Terrasse meines Ruhetag-Hotels in Rech. Die Inhaber dieses Hauses sorgen sich buchstäblich um jeden Gast und erfüllen alle seine Wünsche. Fast schon nicht zu glauben, zu welchem Preis man in diesem wirklich schönen und gepflegten Haus übernachten kann. Normal gebucht über HRS zu einem Preis, der einfach top ist. Keine Gaukelei, Freundschaftspreis, Werbepreis oder ähnliches. Einfach über HRS gebucht zum Preis von 27 Euro pro Nacht (inklusive einem Frühstück, das diesen Namen mehr als verdient). Also, liebe Freunde, wer nun neugierig geworden ist - auf nach Rech an der Ahr.

Zu meinem Bericht von gestern (nachdem ich ausgeschlafen habe und wieder fit bin): es gibt keine nachträglichen Änderungen oder ähnliches. Auch kein Nachtrag. Zwar habe ich bestimmt das Eine oder Andere vergessen (Alzheimer lässt grüßen); aber es wird nicht so wichtig sein, sonst wäre es mir eingefallen. Noch zum heutigen Foto: Natürlich gibt es hier, in diesem relativ engen Tal, wunderschöne Motive in allen Farben. Der Indian Summer ist hier besonders schön ausgeprägt. Die habe ich auch gemacht; allerdings werde ich sie euch noch ein wenig vorenthalten. Diese schönen Bilder sind im kommenden Jahr für euch zu bekommen. Wenn ich meinen Bildband veröffentlicht habe.

Natürlich weiss ich, dass das ein wenig unfair ist. Ich habe diese Bilder bereits jetzt und ihr sollt noch eine Weile warten. Vielleicht tröstet euch ja dieser Gedankengang: Zwar habe ich diese Fotos bereits; dafür vergieße ich allerdings auch jede Menge Schweiß. Ihr hingegen braucht ja nur zu warten, dann könnt ihr diese Bilder genießen. Und "Angstschweiß" werdet ihr ja wohl nicht vergießen ...? (Für diejenigen, die es noch nicht realisiert haben, dies war ein Joke).

Doch es gibt auch noch ein paar Neuigkeiten, die ich euch mitteilen möchte. Wichtiges zuerst, und es ist in gewisser Weise auch traurig: Mein Freund Wolfgang Veit ist leider aus diesem Projekt ausgestiegen. Endgültig. Aus persönlichen Gründen. Es hat, wie Wolfgang mir versichert hat, nichts mit seiner Gesundheit zu tun. Das ist alles in Ordnung. Schade, Wolfgang ist mir ein Freund geworden, seit wir uns nach der Transplantation kennengelernt haben. Die nächste Neuigkeit betrifft den Zeitraum vom 23.10. bis zum 25.10. diesen Jahres. In dieser Zeit werde ich eine Klasse Oberschüler (Sek II auf neudeutsch) begleiten. Bio-Klassenfahrt nach Dorum an der Nordsee. Und diese Schüler werden von mir zum Thema Organspende und Transplantation etwas hören. Und zwei weitere Firmen haben von der DSO auf meine Veranlassung hin Unterlagen und Organspendeausweise zur Weitergabe und Kunden und Mitarbeiter erhalten.

Und noch eines: Hartwig Gauder, Olympiasieger und Europameister, hat geschrieben. Wir kennen uns schon seit sieben oder acht Jahren; damals hatte ich Hartwig in einem Interview, das ich für AOL Deutschland im Rahmen einer Serie führte. Dann haben wir uns durch meine Krankheit aus den Augen verloren, bis Hartwig nun meine Seite entdeckte. So schließt sich manchmal der Kreis. Es ist schön, einen so kompetenten Beobachter (gerade auf Langstrecken) wie Hartwig Gauder zu haben. Schöne Grüße deshalb an Dich, heute von der Ahr.

Für die viele Geduld, die meine geliebte Ewa bislang mit mir hatte (oft ja auch haben musste), möchte ich an dieser Stelle auch einmal ganz öffentlich Danke sagen. Danke - und ich liebe Dich. So, liebe Freunde, für heute habe ich es fast geschafft. Noch kommt das Packen und so ein paar Kleinigkeiten. Euch allen draussen im Land noch einen schönen Abend und eine gute und friedliche Zeit. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 35 mit 14 Km (Gesamt 611 Km)

16. Okt. 2008 (Köln - Euskirchen - Rech)

Das Stadttor von Bad Münstereifel ist heute das Bild des Tages - auch wenn die Etappe nach Euskirchen (und vor Münstereifel) wegen des doch starken Regens abgebrochen wurde. Im Ergebnis - und damit ist der Tag schon zusammengefasst - bin ich von Bad Münstereifel mit der Bahn über Remagen ins Ahrtal gefahren. Meine "heutige Bleibe" ist, wenn ich das salopp formulieren darf, ein kleines und schnuckeliges Hotel inmitten der Weinberge von Reich im Ahrtal. Sehr schön, sehr freundlich und weitab von jeglichem Stress und fern aller Hektik.

In diesem Haus an diesem Ort werde ich morgen einen Ruhetag verbringen. Einfach nichts tun und den eigenen Gedanken nachhängen (die ja aus vielen Gesprächen dieses Tages stammen), sie einfach reflektieren.

Besonders sind mir heute die Gedanken an Gespräche nachgegangen, die ich mit einer Dame am Bahnhof in Bonn geführt habe. Erst ziemlich planlos und unkoordiniert, dann aber doch mit sichtlichem Interesse an etwas. Dieses Etwas waren mein Rucksack und mein offensichtliches wandern. Die Frage nach einer Wanderkarte musste ich nun mal verneinen, denn ich habe einen Wanderführer über eine bestimmte Strecke, jedoch keine Karte. Als Alternative habe ich ihr meinen Kompass angeboten ...! Nun, man kann das ja sehen wie man mag. Aber für mich hatte und machte dieses Gespräch keinerlei Sinn. Also, ganz einfach abgehakt und erledigt - und dafür in Rech im Ahrtal angekommen (nach einer längeren Bahnfahrt).

Doch jetzt, liebe Freunde, möchte ich einfach alles ausblenden, denn ich bin unendlich müde und verspüre nur noch das Bedürfnis nach Schlaf. Morgen werde ich sicherlich eine Ergänzung schreiben (von der ich heute - wegen des zu "erwartenden Unsinns" - einfach ein wenig Abstand nehmen möchte. Dafür bitte ich euch um Verständnis. Aber morgen, wenn ich ausgeschlafen habe, werde ich wieder schreiben. Mal sehen, ob mir so einige Dinge dieses Tages noch einfallen. Momentan aber sind meine Gedanken einfach weg, müde und fliegen irgendwohin ins Land.

Damit wünsche ich euch allen da draussen einen schönen und friedlichen Abend und eine angenehme und ruhige Nacht. Buen Camino wünscht euch Lothar.

Tag 34 mit 43 Km (Gesamt 597 Km - ohne die Kilometer per Bahn)

15. Okt. 2008 (Wuppertal - Köln)

Auch wenn dieses Bild ein wenig "schräg" wirkt, das liegt am Aufnahmewinkel und nur wegen des abgeschrägten Bildes wollte ich es nicht noch mit fototechnischen Mitteln weiter bearbeiten. Soll es eben einfach so wirken wie es ist: eindrucksvoll und überwältigend, dieser Schrein, der die Relikte der heiligen drei Könige im Kölner Dom beinhaltet.

Damit aber zu den Themen des Tages. Eine lange Wanderung gab es heute, die aber meistenteils bergab ging. Eine wunderschöne Strecke durch das obere Bergische Land vorbei an der Müngstener Brücke, die ja die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands ist. Eines der Kleinodien ist die Altstadt von Remscheid-Lennep. Nach der Besichtigung des Altstadtkerns fand ich auch den ausgeschilderten Pilgerweg wieder. Dank des LWL hatte ich ja einen komplett neuen Pilgerführer für den Weg von Osnabrück nach Wuppertal. Meistenteils ist die Strecke zwischen Dortmund und Wuppertal ja ganz gut ausgeschildert, aber in den übrigen Strecken (besonders denen im Norden) lässt die Beschilderung schon zu wünschen übrig.

Interessant am heutigen Tag waren für mich die Beobachtungen der Menschen rund um mich. Fangen wir einfach mal mit Remscheid-Lennep an. Ein kleines, verträumtes Städtchen, noch im nebelträchtigen Morgenschlaf, der vom Aufbau der Marktstände ein wenig unterbrochen war. Auf meiner Suche zur katholischen Kirche - auch wegen des Pilgerstempels - kam ich mit zwei Damen (wohl Marktbesucherinnen) ins Gespräch. Und siehe an, dieses Gespräch bestätigte einmal mehr meinen Eindruck der letzten Wochen: die Menschen in ländlich geprägten Regionen sind offener, freundlicher und hilfsbereiter als die Leute in den größeren Städten. Und sie sind auch mehr an Menschen auf einer Pilgerreise interessiert. So manch schönes Gespräch wurde mit diesem Personenkreis möglich, das wohl im städtischen Umfeld weniger oder nicht führbar gewesen wäre.

Ganz anders war es in Solingen, denn die ersten beiden Menschen, denen ich begegnete, waren Zeugen Jehovas. Bei allem Respekt vor anderen Glaubensrichtungen gibt es dennoch Kritik: diese beiden Damen versuchten sofort, mich von ihrer Glaubenspräferenz zu überzeugen. Einfach gesagt konnte ich ihren religiösen Zielen ohnehin nicht zustimmen, da ich - würde ich dies tun - bereits seit drei Jahren verstorben wäre. Hintergrund für euch: ein Anhänger dieser Glaubensrichtung darf sich nicht chirurgischen Maßnahmen, Bluttransfusionen und ähnliches unterziehen. Ein eher als unschön zu bezeichnendes Gespräch, das aber dann ein rasches Ende fand.

Vor meinem Besuch in Köln gab es noch einen - leider nur kurzen - Zwischenaufenthalt an meinem Geburtsort. Einen weiteren Stempel in der Remigius-Kirche, ein kurzer Blick hinein (leider war die Kirche durch eine Glasabsperrung verschlossen). Dann war dieser Besuch auch leider schon beendet. Trotzdem, es war schön wieder einmal an dem Ort gewesen zu sein, an dem ich aufwuchs.

Das letzte Stück nach Köln war nicht mehr schlimm, da ich einige recht gute Abkürzungen kenne. Erst der Besuch im Dom, der so etwas wie eine "Pflichtveranstaltung" war und mit gut gefallen hat. Spannender waren schon die Telefonate mit dem WDR und dem KStA, in dem es um einen Termin für Interviews ging. Heute abend sind noch Redaktionssitzungen in Köln; mal sehen, wie morgen die Resonanz sein wird. Ein Thema ist es in jedem Fall für beide. Doch das (subjektiv) beste am heutigen Besuch in Köln waren zwei ältere Damen, deren Herkunft zweifelsfrei das weißblaue Königreich Bayern war. Die Damen delektierten sich darüber, das der "große" Pott Kaffee bei Starbucks doch kaum genießbar, also auch nicht trinkbar war. Kaum genießbar nach bayerischer Lesart bedeutet: in dieser Menge nicht zu trinken. Eigentlich kann dem ja nur entgegen gehalten werden, dass ein halber Liter (bayerisches) Bier mengenmäßig gleich zu einem halben Liter Kaffee von Starbucks ist. Oder? Aber vielleicht ist das ja südlich des "Weißwurst-Äquators" anders definiert.

Doch diese "weißblauen" Spitzfindigkeiten sind vielleicht etwas für Touristen, nicht aber für Wanderer. Daher schlage ich vor, diese einfach in Bayern zu belassen und sich einfach (vielleicht ja sogar gemeinschaftlich?) darüber zu freuen. Damit wünsche ich euch allen noch einen schönen und ruhigen Abend. Auch ich werde nach diesem langen Tag jetzt die Segel streichen und freue mich, euch morgen wieder im Netz auf meinem Blog zu sehen. Mit einem freundlichen Buen Camino wünsche ich euch eine angenehme Nacht. Euer Lothar

Tag 33 mit 39 Km (Gesamt 555 Km)

14. Okt. 2008 (Herdecke - Wuppertal)

Ein wenig Zeit habe ich mir schon genommen, um heute mit der Wuppertaler Schwebebahn von Oberbarmen nach Vohwinkel und zurück zu fahren. Einfach just for fun und zum Fotos schießen. Dabei war der Tag heute entgegen der Wettervorhersage (Regen) voll des schönsten Sonnenscheins. Mehr von diesen sehr schönen Bildern bekommt ihr im kommenden Jahr zu sehen, wenn ich den Bildband zu meinem Jakobsweg veröffentlichen werde. Dieser Bildband zeigt erstmalig den Jakobsweg in voller Länge (von Deutschlandes Norden gesehen).

Aber damit zu meinem Tag, an dem ich einige Erfahrungen machte. Einmal ist die Natur so sehenswert, dass es einfach Freude macht durch die Wälder zu marschieren. Nun ja, die Berge hatten allerdings einige Steigungen, die (laut Wanderführer) bis zu 20 % reichten und mir schon etwas mehr als sonst abverlangt haben. Trotzdem, es hat Spass gemacht und Freude, als ich diese Steigungen geschafft habe. Auf dem Weg in Richtung Wuppertal sind allerdings einige der Pilgerwegzeichen "abhanden" gekommen. Vielleicht als Souvenir, wer weiß das schon.

Die unschönen Merkmale, die ich gestern in Hagen wahrnahm, haben sich heute - Gott sei Dank - nicht wiederholt. Vom Gefühl her denke ich, dass der Bereich zwischen Dortmund und Hagen wohl doch zu sehr großstädtisch geprägt ist. Mit allem negativen, was so üblich und bekannt ist: eben Dreck, Umweltschäden, enorm viel Verkehr, noch mehr hektische Menschen und so weiter.

Dagegen war in Gevelsberg eine ausgesprochen ruhige und friedliche Welt - und endlich auch mal Menschen, mit denen ich ins Gespräch kommen konnte (wobei diese Menschen eher mich angesprochen haben). Zwei schon etwas ältere Herren sprachen mich an, als ich aus einem Café kam. "Na, wohin des Weges" und "... schon lange unterwegs?" waren die ersten Fragen, des (wohl aus gesundheitlichen Gründen) etwas beleibten Herren. Aus diesem kurzen Geplänkel entwickelte sich ein ungefähr einstündiges Gespräch - auf der Straße vor dem Café. Wenn ihr den Link unter "Geplänkel" anklickt werdet ihr sicher überrascht feststellen, dass es nach allgemeinem Verständnis eher eine gefechtsähnliche Unterhaltung war. Richtig, und auch gleichzeitig falsch. Denn beide Herren versuchten nur ein wenig mehr aus mir herauszukitzeln. Ein wenig später verstand ich auch den Grund. Beide kannten sich schon sehr lange, beide waren praktisch zeitgleich schwer erkrankt und beide hatten die gleiche Vergangenheit.

Beide Männer waren schon viele Jahre vor ihren Erkrankungen aktive Mitglieder in einem Club, der sich dem Marathonlauf verschrieben hat. Dies haben sie auch intensiv gemacht - einmal sogar einen Staffel-Marathonlauf von Gevelsberg nach Vendome, der Partnerstadt Gevelsbergs, die rund 900 Km entfernt in Frankreich liegt. Bewegend für mich war der Abschied, denn beide Herren wünschten mir einen guten und sicheren Weg, was ja nichts anderes als "Buen Camino" bedeutet. Vermutlich haben sich beide noch vieles zu erzählen gehabt.

Damit aber zum fehlenden, dritten Gesprächspartner: ein offensichtlich schon sehr betragter Herr von - wie er später erzählte - 86 Jahren. Beachtlich, in der Tat - noch beachtlicher die Tatsache, dass er vor rund 30 Jahren wegen eines Karzinoms seinen gesamten Magen verlor. Noch bewundernswerter, dass dieser Herr ebenfalls sportlich sehr engagiert ist - bis zum heutigen Tag. Im Laufe dieses Gespräches erzählte er von seinen Wanderungen (die ebenfalls nicht zu den kurzen Wanderwegen gehörten). Immerhin waren dort Wege in seinen Erzählungen, die 300 und mehr Kilometer umfassten.

Also, es ist ganz einfach und kurz zu fassen: bewege Deinen Körper und die bleibst gesund und/oder beweglich. Ich glaube, so weit kann das wirklich reduziert werden. Doch diese Gespräche wollte ich euch weder vorenthalten noch reduzieren. Sie haben mir sehr viel Freude bereitet und sie sind in jedem Fall, wie ich meine, erzählenswert.

Nun ja, ein guter Teil dieses Tages ging für diese Berichte drauf. Doch so ganz will ich die Fahrt mit der Schwebebahn in Wuppertal ja nicht lassen. Meine Eindrücke im Telegrammstil sind vielleicht mit folgenden Stichworten am besten widergegeben: schnell, sicher (ist ja seit mehr als 100 Jahren bekannt), touristisch, Überblick, kommunikativ (zwischen den Fahrgästen) und einfach wunderschön.

Bevor ihr jetzt den gesamten Rest-Abend zum Lesen aufwenden müsst, komme ich lieber zum letzten Punkt, den ich erzählen möchte. Aber nur kurz. Versprochen. Nach der Ankunft in Wuppertal am späten Nachmittag klingelte mein Handy. Am Telefon der WDR in Köln. Auch dieser Sender möchte etwas über meinen Jakobsweg und mich bringen. Noch nicht ganz klar sei, so der Redakteur, ob es ein Bild- oder Tonbeitrag werde. Nun ja, warten wir einfach mal ab - und ich fahre morgen nach Wuppertal zurück und setze meinen Jakobsweg fort.

Damit, liebe Freunde, ist jetzt unwiederruflich das Ende der heutigen Erlebnisse erreicht. Euch allen da draussen im Land weiterhin viel Vergnügen, gute Unterhaltung und immer ein gutes, friedliches Klima. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 32 mit 29 Km (Gesamt 516 Km)

13. Okt. 2008 (Lünen-DO-Herdecke)

Dieses idyllische Foto zeigt eines der kleinsten Hotels, die es gibt. Dieses "Mini-Hotel" wäre fast mein Logis für die Nacht geworden. Fast darum, weil es leider nicht frei war. Die wenigen Zimmer waren an eine Hochzeitsgesellschaft verkauft, die genau heute abend dort feiern möchten. Schade, denn Jakobspilger erhalten die Übernachtung in diesem Haus kostenfrei, nur das Frühstück muss bezahlt werden. Sehr großzügig und menschlich, wie ich meine. Aus meinen aktuellen Erfahrungen ist zu schliessen, dass es nicht mehr viele Leute, Übernachtungsbetriebe usw. gibt, die die Pilger so großzügig betreuen. Deshalb an dieser Stelle an die Hausherrin einen ganz herzlichen Dank, denn sie ist bereits im 84. Lebensjahr und betreut dieses Haus noch immer. Aißerdem ist sie die Anlaufstelle für Pilger, die einen Stempel in ihren Pilgerpass haben möchten.

Auf meinem Weg nach Herdecke bin ich auch in Dortmund zu Besuch gewesen. Konkret: Natürlich einmal im katholischen Forum im Probsteihof, um meinen Stempel abzuholen. Allerdings auch zu einem Interview mit den Ruhr Nachrichten, die eine Menge Fotos geschossen haben und - wie ich glaube - auch einen guten Artikel schreiben werden. Es ist halt auch eine gute Story, die sicher des Berichtens wert ist.

Da ich ein Problem hatte in Herdecke eine Unterkunft zu finden, war ich zur Fahrt in Richtung nächster Etappenstation gezwungen. Das ging eigentlich recht gut Dank der Hilfe der örtlichen Diakonie (Station der Bethel-Organisation). Dort habe ich eine sehr nette und freundliche Unterstützung erfahren, die durch viel menschliche Nähe begleitet war. Die Damen haben sich buchstäblich "so intensiv ins Zeug gelegt", um mir einen Platz für diese Nacht zu verschaffen. Auch wenn dies nicht für Hagen-Haspe gelang, so haben diese Damen dennoch dazu beigetragen, dass ich in der Jugendherberge untergekommen bin. Danke deshalb auch diesen drei Damen für ihre freundliche Hilfe.

So ist ein langer Tag letztlich doch noch gut beendet worden. Ein langer Tag deswegen, weil er sehr früh begonnen hat. Aber auch deshalb lang, weil er von einer sehr langen Wanderung geprägt war. Die ersten Berge waren ein wenig hart. Und die Sonne hat mich zusätzlich sehr schwitzen lassen. An dieser Stelle aber noch ein paar Worte zu Hagen, der Metropole am Rande des Sauerlandes. Diese Stadt hat mir physisch buchstäblich Schmerzen bereitet: die Aggressivität der Passanten, die Lautstärke ihrer Unterhaltungen, der stinkende Auto- und Busverkehr, die Prophylaxe der Polizei mit "ausreichend" Personen auf Streife zu gehen lassen sicher kein vorteilhaftes Bild von dieser Stadt entstehen, die ja immerhin die Stadt der Bildung durch ihre Fernuniversität ist. Selbst der Eindruck der Bürger dieser Stadt ist nicht positiv, denn die "konstuktionslose Hektik" (oder sollte ich sagen: die Betriebsamkeit des Nichtstuns?) machen einem ortsfremden Besucher Angst und wenig freundliche Gefühle.

Am nettesten und hilfsbereitesten habe ich noch einen Taxifahrer empfunden (wohl türkischer Abstammung), der völlig normal und selbstverständlich verschiedenen Menschen half. Stellvertretend also ein Danke an diesen sehr angenehmen Mitmenschen, der den Eindruck von Hagen nicht hat restlos negativ sein lassen. Damit, liebe Freunde, wünsche ich euch noch einen schönen und friedlichen Abend. Erholt euch gut und damit einen angenehmen neuen Tag euch allen. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 31 mit 42 Km (Gesamt 487 Km)