Allen Besuchern ein freundliches Moin



Mein Dank geht besonders an die Angehörigen meines Organspenders, die vielleicht auch Freude empfänden wüssten sie von meinen Aktionen. Mein Camino soll allen Menschen zeigen, dass das Leben nach einer Transplantation neu beginnt.

Meinen bisherigen Weg (Camino) bin ich als Botschafter der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gegangen. Damit sollen vielfältige Unsicherheiten den Menschen Hilfen und Erklätungen geben und Kranken neuen Lebensmut vermitteln.

Nach fast sieben Jahren Wegstrecke (mit einer neuen Lunge) beginnt dieser Weg noch einmal, denn ich stehe wieder auf der Warteliste für ein neues Orgen. Dieses Mal benötige ich eine Niere, da die vielen Medikamenten meine Nieren (leider unvermeidlich) zerstört haben.

Darum meine Bitte: Helft mit, ein existenzielles Problem für viele Schwerkranke in Deutschland zu lindern. Unterstützt und helft den Menschen, vermittelt ihnen neuen Lebensmut. Tragt (wie mein Blog) dazu bei, dass es mehr Organspender gibt und weniger Menschen auf den Wartelisten sterben müssen. Zeigt Verantwortung, entwickelt Mitgefühl und stelle Fragen - an Patienten, an Angehörige, an Ärzte, an Kliniken, an die DSO, an die Politik. Seid einfach engagiert!

Dieser Blog findet heute, am 06. September 2014, seinen letzten Eintrag und endet damit. Damit endet allerdings noch nicht meine Geschichte, denn diese geht in einem weiteren, anderen Blog weiter. In diesem Blog, den ihr hier mit laufenden Text, noch kennenlernen und finden werdet, stelle ich meine weiteren Planungen dar. Bis dahin wünsche ich allen meinen Lesern - neben einem herzlichen Dank für die bisherige lange treue Lesefreundschaft - alles erdenklich Gute und weiterhin viel Spannung und Freude am neuen Blog, der sich mit dem Thema "Unsere Weltreise, neue Entdeckungen und komplexe Planungen" beschäftigen wird.

Dafür vielen Dank, viel Freude, gute Unterhaltung und immer gute Gesundheit wünscht euch

Lothar Rücker

Barsinghausen, im Aug. 2008 / Apr. 2009 / Dez. 2009 / Sept. 2012 / Juli 2014


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28. Nov. 2008 (Barsinghausen - Berlin)

Weihnachtsmarkt im Gendarmenmarkt in Berlin - einer der schönsten Märkte in der Hauptstadt. Absolut sehenswert, farbenfroh und sehr freundlich und feierlich. Wer diesen Markt nicht gesehen hat, der hat wirklich etwas verpasst.

Doch so schön sie ja auch sind, die Berliner Weihnachtsmärkte - Grund unserer Anwesenheit in Berlin ist ein anderer, nämlich die Teilnahme am diesjährigen Deutschen Journalistentag. Das Thema dieses Journalistentages ist die Diskussion der Frage, wo der Journalismus in Deutschland heute steht - im Spannungsfeld zwischen Produktion und Qualität.

Spannende Diskussionen werden entstehen bei der Betrachtung der Frage, ob Aufwandsminimierung Qualitätserhalt oder Qualitätssteigerung bewirken mag. Sehr schnell sind wir dann auch bei der Frage, was denn Qualität im Journalismus überhaupt ist. Kann Produktion beispielsweise bei sinkendem Ausbildungs- oder Wissensniveau überhaupt noch prosperierend sein? Warum entlassen Verlage zu Hauf Journalisten? Und aus welchem Grund werden im öffentlichen Fernsehen oder Rundfunk nahezu nur noch so genannte Freie (nicht festangestellte Journalisten) beschäftigt.

Morgen werde ich euch darüber berichten und wie dieser Journalistentag verlaufen ist. Vielleicht gibt es auch Neuigkeiten zu berichten. Wir wollen sehen. Euch allen damit einen schönen Abend und ein freundliches Buen Camino von eurem Lothar

Tag 75 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 6.853 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

27. Nov. 2008 (OS - Vechta - Barsinghsn.)

Viele Vorbereitungen für den Weihnachtsmarkt, der in der Innenstadt von Vechta stattfindet. Eines fällt (im Vergleich zu anderen Städten) auf: ein Teil der Bevölkerung ist mit sehr viel Engagement bei der Sache und immer bemüht, eine adventliche Stimmung zu schaffen.

Auch die Oldenburgische Volkszeitung mit ihren weiteren regionalen Blättern hat ebenfalls einen Artikel über meinen Jakobsweg und meine Ziele geschrieben. Toll finde ich, wie die Redaktion das Thema und meine Ziele aufgegriffen hat und dabei auch herausstellte, dass ich im kommenden Jahr gerne bereit bin zu Vorträgen und Gesprächen mit der Bevölkerung wieder nach Vechta zu kommen. Besonders begrüsse ich den Hinweis, dass die interessierten Einwohner gerne auch direkt an mich mit Mails herantreten können. Wie ich meine, eine wichtige Basis für einen zielführenden und erfolgversprechenden Dialog.

Damit, liebe Freunde im Land, ist mein (nachgeholter) Bericht für heute beendet, denn nun geht es an die Vorbereitungen für den nächsten Termin, der morgen in Berlin stattfinden wird. Also, euch allen eine gute Zeit und Buen Camino bis morgen aus der Hauptstadt wünscht Lothar

Tag 74 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 6.534 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

26. Nov. 2008 (Meppen - Lingen - Rheine)

Der Borneplatz in Rheine ist "das Herz einer liebenswerten Altstadt", die ich so auch nicht vermutet habe, die aber auf jeden Fall sehenswert und eine Reise wert ist. Auch wenn es regent, wie bei meinem Besuch. Doch zurück zum Anfang dieses Tages.

Begonnen hat der Tag in Meppen und zwar in der Jugenherberge. Dieses Haus macht zwar einen recht modernen Eindruck; trotzdem wirkt es bei meiner Ankunft wie ein Gefängnis: abgelegen, umringt von hohen Bäumen, nebelig-frostige Atmosphäre, praktisch keine Gäste und noch weniger Personal, das trotz Anmeldung von meiner Ankunft recht überrascht war. Doch es liegt mir fern, die Herberge zu kritisieren. Vielleicht war ja alles nur recht unglücklich gelaufen. Trotzdem war ich froh, diese Jugendherberge am nächsten Morgen wieder verlassen zu können.

In Lingen hatte ich ein sehr schönes und angenehmes Gespräch mit der Lingener Tagespost, die - auch wichtig für meine Botschaft - ein recht großes Verbreitungsgebiet hat. Besonders gut war auch in Lingen das ausgeprägte Medieninteresse an meinem Jakobsweg und an meiner Organspende-Tournee. Auch in Lingen habe ich der Redaktion - wie an allen anderen Orten - für das kommende Jahr 2009 Gesprächsrunden und Vorträge vor der Bevölkerung angeboten. Ähnlich positiv ist mein Besuch am nächsten Ort - Rheine - verlaufen. Die Redaktion der Münsterlandischen Volkszeitung hat ebenfalls einen Artikel in allen Blättern ihres Verbreitungsgebietes eingestellt und bei rund 220.000 Auflage wird eine sehr gute Reichweite geschaffen.

Der Tag endete dann für mich völlig überraschend, denn ich wurde von BVN, einem niederländischen Fernsehsender, zu einem Interview eingeladen (und auch sofort abgeholt). Es war schon interessant zu sehen, wie auch in den Niederlanden die Thematik der Organspende wieder diskutiert wird. Vorbei offensichtlich die Zeiten, in denen BVN in einer Fernsehshow die Niere einer (angeblich) todkranken Frau verschenken wollte. Jeder von euch kennt vermutlich noch diese unselige Entwicklung, die viele Menschen aufgeregt hat. Auch ich habe seinerzeit eine heftige Pressemitteilung geschrieben. Wie es scheint, haben die massiven Proteste der damaligen Aktion wohl doch etwas bewirkt. Dass hat mir die Entscheidung zur Teilnahme wesentlich erleichtert.

Damit wünsche ich euch allen einen guten Abend und ein nettes Buen Camino. Euer Lothar

Tag 73 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 6.278 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

25. Nov. 2008 (Leer - Emden - Papenburg)

Die Reise durch den Nordwesten der Republik führte mich zuerst in die Redaktion der Ostfriesen Zeitung in Leer. Nicht ohne Grund, denn im äußersten nordwestlichen Teil unseres Landes leben ebenfalls einige Lungentransplantierte, denen meine Wanderung ebenfalls ein Signal sein soll. Außerdem möchte ich der Öffentlichkeit zeigen, dass eine Transplantation weder Stigma noch Einschränkung bedeutet, sondern ganz einfach ein neues und lebenswertes Dasein.

Ähnlich war mein Aufenthalt in Emden motiviert. Allerdings ist mein Besuch von einem Gespräch mit dem Betriebsrat von VW in Emden geprägt, denn ich möchte versuchen die Belegschaft gemeinsam mit dem Betriebsrat für den Gedanken der Organspende zu motivieren und zu sensibilisieren. Und: in Emden sind immerhin 9.500 Menschen bei VW beschäftigt. Also ein lohnenswerter Ansatz, wie ich meine. Doch die Gespräche haben erst den Auftakt genommen; die Fortsetzung folgt im Januar 2009 und dann fahre ich wieder nach Emden.

Auch in Papenburg war ein ähnlicher Ansatz. Diesmal bei der Meyer Werft, die auch rund 2.500 Menschen beschäftigt. Die Gespräche werden ebenfalls im Januar des nächsten Jahres fortgesetzt. Wenn ihr mich nun nach den Erfolgsaussichten fragt, dann kann ich nur ein Beispiel anführen: bei VW in Emden haben sich praktisch alle Mitarbeiter für die DKMS (Deutsche Knochenmark Spender Datei) testen lassen. Ähnlich ist mein Ansatz in Emden und auch in Papenburg. Da mein Wunsch den Mitarbeitern ja nicht einfach "übergestülpt" oder "verordnet" werden kann, ist sicherlich viel Überzeugungsarbeit und Gesprächsbedarf notwendig. Dafür steht mir allerdings der örtliche Betriebsrat zur Verfügung und der hat ja einen entscheidenden Vorteil: er kennt seine Mitarbeiter im Betrieb.

Aus diesem Grund habe ich auch das Foto gewählt: die Gesine aus Papenburg. Ein alter Segler als Nachbau, der hier auf der Sail in Bremerhaven zu sehen ist. Dieses Schiff für mich als Nachbau steht für den Wandel von alt nach neu, von krank nach gesund - also für den Neuanfang in einem neuen Leben. Alles in allem also für die Ziele, die ich verfolge: mit meinen Jakobsweg und der Organspende-Tournee.

Damit wünsche ich euch allen viel Glück und Buen Camino auf euren Wegen. Euer Lothar

Tag 72 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 6.063 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

24. Nov. 2008 (Barsinghausen)

Winter am Deister und rund 12 cm Schnee - ein Herbst voller Überraschungen. Dieses Foto zeigt den nördlichen Deisterhang heute früh gegen 08:00 Uhr - grau und tief verschneit. Damit wurde Schneeschieben notwendig, um mit dem PKW den Carport verlassen zu können. Das war der Blick, der sich mir heute früh geboten hat. Nicht ganz erwartet, aber doch angemessen und schön - auch wenn die Welt erst mal grau in grau war. Als der Schnee geschoben war ging es an die Planung der nächsten Tage.

Die kommenden Tage sind bei mir geprägt von vielen Terminen, die ich in verschiedenen Städten des nordwestlichen Teils von Deutschland und in Ostfriesland wahrnehmen werde. Es sind auch wieder Mediengespräche an einigen Orten, aber auch Besuche bei einigen über alle Grenzen bekannten Firmen wie Volkswagen in Emden oder bei der Meyer Werft in Papenburg. Geografisch betrachtet werde ich von Leer im Norden bis Rheine in südlicher Richtung unterwegs sein und zum Schluss noch einen Abstecher auf dem Heimweg in Vechta machen. Am Donnerstag abend werde ich wieder (nur kurz) in Barsinghausen sein, bevor Ewa und ich am nächsten Tag wieder einmal nach Berlin fahren. Grund ist unsere Teilnahme am Deutschen Journalistentag.

In dieser Woche wird die Zahl meiner Akqusitionen für die Organspende deutlich steigen. Dazu einfach ein paar Zahlen. VW in Emden beschäftigt ungefähr 9.000 Menschen und die Meyer Werft in Emden hat insgesamt zirka 4.500 Menschen (Angestellte und Zulieferanten) in Beschäftigung. Wie komme ich an diese Zahlen wird sich mancher unter euch fragen. So einfach wie die Frage ist auch meine Antwort: ich gehöre zum Bezirksvorstand der Gewerkschaft ver.di für den Bezirk Hannover/Leine-Weser, der knapp 90.000 Mitglieder betreut. Keine Kleinigkeit, nicht wahr. Und sehr viele Menschen, die potenzielle Kandidaten für einen Organspendeausweis sind. Wenn ich nur einmal die Fakten gewichte, dann besteht eine direkte Ansprachemöglichkeit auf rund 480.000 Menschen unter den Dächern des DGB und der ihm angeschlossenen Gewerkschaften.

Ich denke, dass die Ansprache dieser Menschen durch einen Betroffenen, der gleichzeitig Mitglied einer Gewerkschaft ist, gute Aussicht auf Erfolg hat. Natürlich erfolgt diese Ansprache nur über die Betriebsratsvorsitzenden, die unmittelbar und verantwortlich Ansprechpartner für die Belegschaften der Unternehmen, gleichzeitig auch ihr Vertrauter für die Belange der Arbeitnehmer ist. Eigentlich einfach zu erklären - und wichtig für die Umsetzung. Umsetzung bedeutet in diesem Fall die Gewinnung weiterer Menschen mit der Bereitschaft, einen Organspendeausweis bei sich zu tragen.

Sicher werde ich jetzt den einen oder anderen Leser meines Blogs überrascht haben, denn vielen Leuten ist es eher nicht vertraut, dass ich einen recht großen Gewerkschaftsbezirk mitleite. Doch mal ganz offen gefragt: spricht etwas dagegen? Ich meine nicht. Außerdem wird jeder leicht erkennen und verstehen, das die Arbeit für eine Gewerkschaft viel Konfliktlösungspotenziale beinhaltet - und nicht nur Polarisation. Meiner Meinung nach zählt letztlich doch nur der Erfolg, der im Fall meiner Organspende-Tournee auch einen Namen hat: Organspendeausweis.

Damit wünsche ich euch allen einen schönen und vielleicht sogar schneefreien Abend. Mit einem netten Buen Camino wünscht euch Lothar eine gute Zeit. Morgen melde ich mich wieder von meiner Organspende-Tournee.

Tag 71 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 5.678 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

23. Nov. 2008 (Barsinghausen)

Viele meiner Leser werden es bei diesem Tagesfoto ja schon ahnen: mein Thema ist heute die Sterbehilfe. Ganz sicher kein einfaches Thema, aber bei der Breite der aktuell laufenden Diskussionen in Europa ein wichtig und notwendig. Außerdem tragen solche Diskussionen zur Meinungsbildung bei den Politikern bei, denn deren Entscheidung ist nicht an das so genannte imperative Mandat gebunden, sondern ausschließlich an den persönlichen freien Willen und damit an das Gewissen eines jeden Abgeordneten.

Wie passt nun Sterbehilfe zu Transplantationsmedizin oder zur Organspende? Die aktuelle Entwicklung und die Fragestellungen sind weitaus komplexer als von den Menschen angenommen. Auch die teilweise kritischen Beispiele entsprechen in ihrer Darstellung nicht immer den Abläufen eines Eingriffes und sind teilweise nicht belegt. Kritisch (und strittig) sind auch die Phasen und die Dauer des menschlichen Sterbeprozesses. Mir scheint es offensichtlich zu sein, dass die Sterbehilfe als mein Thema zu Fragen der Transplantationsmedizin oder der Organspende unvereinbar ist. Organspende im Kontext zu Sterbehilfe zu verstehen würde für mich zwangsläufig und unweigerlich zur Euthanasie führen.

Die Sterbehilfe ist also ein eigenständig zu lösendes Problem, bei der die Lösungsansätze der Staatengemeinschaft ebenso unterschiedlich sind wie die Empfindungen und Meinungen der Menschen, Mediziner und Politiker. Auch die Lösungen der einzelnen Länder sind sehr unterschiedlich. Australien hat im North Territory eine weitgehend liberalisierte Lösung - so liberal, dass ein Minister schon einen "One Way Tourismus" zum Suizid befürchtet. Andere Länder wie die Niederlande oder Belgien haben einen anderen gesetzlichen (sehr liberalen) Weg zum selbst bestimmten Tod beschlossen. Länder wie die Schweiz sind mit Organisationen wie EXIT, Dignitas oder als deutschem Ableger mit Dignitate in diesem Bereich aktiv (mir widerstrebt es zutiefst, hier das Wort "Markt" zu benutzen). Die gleiche Art von Aktivität versucht der ehemalige Hamburger Senator Kusch mit seinem Sterbehilfe-Verein.

Jeder kann - bei diesen Positionen zum Thema - leicht erkennen, dass eine internationale Diskussionsnotwendigkeit besteht und bestehen muss, denn der immer breiter geführte Dialog ist begleitet von immer weiter gefassten Forderungen zu jeder Art von Sterbehilfe. Wenn Menschen dann auch die Euthanasie postulieren wie sie unter dem nazistischen Regime mit dem Programm T 4 erfolgte, dann ist der Schritt in eine unselige Vergangenheit fast gemacht. Eine Vergangenheit, die so unselig ist, dass ihre Aufarbeitung international nach wie vor andauert und die Mahnmale noch immer wie ein Menetekel wirken.

Doch ich will auch nach dem Warum fragen. Warum immer mehr Menschen einen Wandel erleben von der Angst vor dem Tod hin zur Angst vor dem Sterben. Der Tod ist sicher etwas festes, unumstößliches geworden von dem jeder weiß, dass es keine Diskussionen oder Handel darum gibt. Das Sterben hingegen ist immer mehr zu einem großen Fragezeichen in unserer Gesellschaft geworden. Kaum jemand weiß etwas darüber, auch über das eigene Sterben mag praktisch kein Mensch reden. Ähnlich verhält es sich mit der Angst der Menschen, wenn es um die Organentnahme geht. Die merkwürdigsten Ausreden bekomme ich in Gesprächen zu hören. "Darum kümmere ich mich wenn es soweit ist" sagte mir ein Mann.

Sterben und Organentnahme haben offensichtlich ein gemeinsames Verständnisproblem. Oder eine ethische Kernfrage. Vielleicht hilft es, die Kernfragen (nach Buber) zur Euthanasie zu verstehen, wobei die Geschichte der Euthanasie konsequent ausgeklammert werden sollte. Die Fragen von Buber führen im wesentlichen schon zurück auf die Kernbestandteile menschlichen Seins. Diese Fragen sind auch in der politischen Szene Diskussionspunkte, die unsere Politik bei Entwicklungen (und Steuerung) der gesellschaftlichen Zukunft Gedanken machen müssen. Die Bezahlbarkeit ist dabei ein eher kleines Problem. Wichtigste Frage ist dabei der (seit Helmut Kohl viel zitierte) soziogemographische Faktor (auf gut deutsch: Überalterung der Gesellschaft) und die direkt davon abhängigen Probleme wie Erhalt des Finanzsystems, Bezahlbarkeit der Sozialsysteme und die Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ihr könnt aus diesen Zeilen sehr leicht ableiten, dass wir letztlich in einem "geschlossenen System von Problemen" leben. Eines der quasi systemimmanenten Probleme ist dass wir Teil des inneren Problemkreises sind. Diejenigen mit "Lösungspotenzial" sind hingegen in der "Zuschauerrolle" und betrachten diesen Problemkreis gesichert und von außen. Irgendwie schlecht verteilt, nicht wahr? Aber ich denke, dass gerade "der kleine Mann" da draussen im Land diese Beschreibung verstehen wird.

Mit diesen Gedanken wünsche ich euch allen da draussen einen schönen und friedlichen Sonntagabend. Lasst es euch gut gehen und bewahrt euch immer ein Märchen in eurer Welt. Damit wünscht euch der wachsame Denker von der Pilgerreise ein nettes und freundliches Buen Camino
Euer Lothar

Tag 70 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 5.678 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

22. Nov. 2008 (Berlin - Barsinghausen)

Die Rückfahrt von Berlin nach Barsinghausen war schon vom Wintereinbruch geprägt. Auch in der Hauptstadt waren die Strassen teilweise glatt. Das identische Bild haben wir in unserem Garten vorgefunden, wobei hier im Deister noch ein wenig mehr Schnee gefallen ist als sonstwo im Land. Gut zu sehen ist das an dem Foto, das ich nach unserer Rückkehr im heimischen Garten aufgenommen habe. Wer dieses Bild durch einen Klick vergrößert kann leicht die Schneemenge auf dem Vogelhäuschen erkennen.

Da schon der letzte Abend in Berlin vom bevorstehenden Wintereinbruch geprägt war, ich das allerdings nicht so wirklich ernst genommen habe, bin ich heute ein wenig "malträtiert". Ein etwas "dicker" Kopf hat einen recht eigenen "Wettkampf" mit der Schnupfenträchtigkeit meiner Nase und dem gelegentlichen Husten entwickelt. Jedenfalls ist mein Verbrauch an Tempotücher deutlich gestiegen, was den Umsatz der Firma schon deutlich anwachsen lassen wird. Nach dieser doch etwas launigen Mitteilung noch der Hinweis für meine Leser, dass wir trotz allem wieder wohlbehalten daheim angekommen sind. Jetzt werde ich meinen Infekt pflegen und hoffen, das er schnell vorübergehen wird.

Heute habe ich in meiner Post den ausführlichen Bericht über die Kontrolle in meinem Transplantationszentrum gefunden. Kurz und knapp: es ist alles in Ordnung und besser kann es derzeit kaum sein. Schön, das zu wissen. Dann hat sich wenigstens der gesamte Aufwand (und natürlich auch die Kosten) gelohnt. Mit dem Wandern habe ich meine Niereninsuffizienz wieder in den Griff bekommen, der Diabetes mellitus ist praktisch nicht mehr vorhanden und auch die Rhabdomyolyse hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Vielleicht ist dieses kurze Statement einfach auch ein Anreiz für Leute, die auch krank sind. Anreiz dafür, sich selbst nicht aufzugeben, statt dessen zu arbeiten, Sport zu treiben und dem Körper Bewegung und Leistung abzufordern.

Morgen gibt es dann wieder mehr zu lesen und neues von deister-walkers Jakobsweg. Damit wünsche ich euch allen einen schönen und friedlichen Abend, einen schönen und möglichst schneefreien Sonntag. Mit einem netten Buen Camino grüßt euch Lothar

Tag 69 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 5.678 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

21. Nov. 2008 (Messe Berlin)

Der Eröffnungstag der Boot in Berlin – viele Aussteller, die auf dieser neuen Dependance der Boot (Internationale Bootsmesse) neue Märkte und Chancen eröffnen möchten. Eine dieser Chancen stellt sich vielleicht mit dem Boot dar, das auf dem heutigen Tagesfoto zu sehen ist: ein ausschließlich mit Solarzellen angetriebenes Boot. Kompakt, zwei bis drei Plätze, Katamaranbauweise, vollkommen sparsam - damit ein zukunftweisendes Modell. Vielleicht ja noch perfekt, aber schon das Modell künftiger Käuferinteressen. Also ein richtiger und guter Ansatz für Energieeinsparung.

An diesem ersten Tag einer neuen (Berliner) Messe war ein deutlicher Andrang, der aber nicht von konkreten Kaufinteressenten geprägt war. Vielleicht sind die Menschen einfach noch ein wenig zögerlich, wenn es um so hohe Beträge wie bei einem Schiff geht. Auch die Schiffswerften spüren nach eigenen Auskünften den Beginn einer Rezession und sie sehen im unteren und mittleren Marktsegment eher die Gefahr eines Markteinbruchs. Bei diesen Werften handelt es sich beispielsweise um Firmen wie Gruno, Pedro und Bavaria.

Diese zögerliche Haltung ist bei den Verbrauchern allenthalben zu spüren. Wichtige Käufe werden immer wieder hinausgeschoben, nur unverzichtbare Dinge werden (wenn es sein muss) gekauft. Investitionen wie PKWs werden auch schlecht oder gar nicht gekauft, weil kein Käufer oder Interessent derzeit weiss, wohin die (finanzielle) Reise geht. Generalfragezeichen ist dabei der Ausgang der nächsten Bundestagswahl und der kaum noch funktionierende Geldmarkt. Selbst unter Banken gibt es keine nennenswerten Geldflüsse. Das Zünglein an der Waage ist die Selbstherrlichkeit und praktisch nicht vorhandene Einsichtigkeit von Josef Ackermann und Kollegen in den Geldhäusern. Die eindringliche Rede unseres Bundespräsidenten von gestern hat ja an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig gelassen. Wollen wir hoffen, dass sich unsere (Pleite)-Banker wieder zu seriösen Bankiers zurückentwickeln.

Schließlich wäre eine solche Rückentwicklung sogar ein echter Fortschritt, von dem Leute wie Josef Ackermann noch sehr weit entfernt sind. Es grenz schon an ein Alarmzeichen erster Güte, wenn der Horst Köhler (als ehemaliger Chef des IWF) den Topleuten der deutschen Geldhäuser mehr Sensibilität gegenüber den Kunden der Banken (und das sind Private und der Mittelstand) abfordert. Diese Herren haben von ihrer weltweit aufgeschaukelten Arroganz und Überheblichkeit zu lassen und, so Köhler, wieder vom Banker zum Bankier zu werden, also von aufgeblähten Finanzgeschäften jenseits der Bindung an die Realwirtschaft zu lassen und wieder zum Dienstleister am Volk und dem Mittelstand zu werden. Banken können und dürfen keine politische Funktion erhalten. Damit ist die Forderung des Bundespräsidenten nach Demut der Bankiers mehr als angebracht, denn diese Herren sind in erster Linie Treuhänder des ihnen anvertrauten Geldes - und nicht politisch Einfluss nehmende durch die ihnen anvertrauten Geldmengen. Wer diese eindeutige und berechtigte Forderung unseres Präsidenten nicht versteht hat die Pflicht, von seiner Funktion zurückzutreten.

Damit wünsche ich euch allen draussen im Land einen schönen Abend und eine friedliche Zeit. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 68 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 5.381 Km mit Verkehrsmitteln in der Tournee zur Organspende

20. Nov. 2008 (Barsinghausen - Berlin)

Der Auftakt für meine Organspende-Tournee war für Itzehoe geplant, gefolgt von Hamburg, Bremen, Syke, Wilhelmshaven und Oldenburg. Mit diesen Städten wollte ich eigentlich nur eine „Etappe zum Eingewöhnen“ einstellen. Tatsächlich ist daraus mehr entstanden als ich erwarten konnte: täglich zwei Interviews, durchschnittliche Dauer von rund eineinhalb Stunden und ausgeprägtes Interesse der Medien. Durch einen solchen Auftakt hatte ich praktisch keine Zeit, um Gespräch mit den Bürgern dieser Städte zu führen.

Vielleicht liegt es an der norddeutschen Zurückhaltung, aber die Städte, ihre Zentren und die Dreh- und Angelpunkte der Logistik, also die Bahnhöfe, waren nicht annähern so festlich geschmückt wie das in Berlin war (hier die Potsdamer Platz Arkaden). Wenn euch meine persönliche Sichtweise dazu interessiert: ein wenig Zurückhaltung in der voradventlichen Phase (die ja bei manchem Unternehmer bereits nach den Sommerferien beginnt) wäre nicht schlecht. Beim Betrachten dieses Bildes fällt mir nur eines ein: „schön und festlich geschmückt, aber keine Stimmung. Einfach ein kalter, umsatzgeprägter Konsumtempel“, durch den die Menschen planlos (und oft mittellos) eilen.

Ist das „die neue Welt“, die uns in den großen Städten rund um den Globus signalisiert wird? Sind die Konsumtempel, die fast wie Pilze aus dem Boden wachsen, die „goldenen Kälber“, um die die Menschen tanzen und sich meist nur noch selber feiern? Ich weiß es nicht. Fragwürdig ist allerdings einiges. Dabei will ich dieses Phänomen einfach mal von den Motiven für meinen Jakobsweg und die Organspende-Tournee betrachten. Dabei fällt auf, dass eher selbstlose Motive oder das helfende Gefühl immer mehr auf der Strecke bleibt. Dabei ist ein eher ungünstiger (weil menschenfeindlicher) Proporz auszumachen: Große Städte sind eher kalt und emotionslos, banale Dinge wie ein ‚Guten Tag‘ in der Begegnung ist einem knappen Nicken gewichen, die Gesichter der Menschen sind eher maskenhaft, als seien sie mit Butox gespritzt. Reaktionen und Emotionen sind nicht en vogue, vielleicht sogar unerwünscht. Dieses Szenario steht der im Kern zutiefst menschlichen, emotionsgeladenen Welt der Organspender und ihren Hinterbliebenen ebenso entgegen wie die nach einer Transplantation neu entstandene Welt eines Organempfängers. Eine Organtransplantation ist wie die Neugeburt eines Menschen – und so muss sie auch gesehen (und empfunden!) werden. Kein Reset (oder Kaltstart, wie manche ‚neudeutsch‘ formulieren) menschlichen Lebens. Und das geht wie bei der Geburt eines Menschen nicht ohne Emotionen ab. Niemals!

Deshalb möchte ich auch auf die kleineren Städte, die dörflichen Gemeinschaften zu sprechen kommen. Hier sind die Menschen noch offener, unbefangener den so genannten „schwierigen“ Themen gegenüber. Hier ist der Tod noch Teil des Lebens und die älteren Menschen haben ihre letzte Lebensphase mit ihrem Partner besprochen und geklärt. Die Organspendebereitschaft ist bei diesen Leuten zwar nicht so hoch; dabei muss allerdings angemerkt werden, dass fehlendes oder falsches thematisches Wissen eine Entscheidung beeinflusst. Leider nicht immer günstig. Und trotzdem sind diese Menschen, wenn sie verständliche Erklärungen erhalten, sehr genau zu eigenen Entscheidungen fähig. Auch zu Gunsten der Organspende, wenn sie es verstehen.

Ausgesprochen ungünstig verhält sich dies in den großen Städten. Der Tod (und damit das eigene Sterben) sind und bleiben ausgeblendet, die Leute weigern sich sogar, über ihren „Abschied von dieser eigentlich ganz interessanten Welt“ zu reden. Es bedarf schon sehr viel Überredungskunst und Überzeugungsstärke, diese Menschen in ein Gespräch einzubinden. Dankbar bin ich deshalb den Medien, die auch ihrerseits „mein Thema“ aufgreifen und die Menschen gezielt mit der Problematik der Organspende konfrontieren.

Ich denke, dass dies von einem Betroffenen doch weitaus besser dargestellt werden kann und ein wechselseitiges Verstehen auch auf emotionaler Basis ermöglicht. Deshalb werde ich in den nächsten Tagen noch ein paar Mal darauf zu sprechen kommen – und auch den Dialog mit meinen Lesern fordern. Damit wünsche ich euch allen einen schönen und möglichst schneefreien Tag. Wenn ihr mit dem Auto fahren müsst, dann seid bitte immer vorsichtig. Euch allen damit einen guten Tag und ein nettes Buen Camino wünscht Lothar

Tag 67 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 5.073 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

19. Nov. 2008 (Bremen - Barsinghausen)

Nun bin ich (zumindest für eine Nacht) wieder daheim. Nach einem eher langen, turbulenten und anstrengenden Tag, der mich von Bremen über Wilhelmshaven nach Oldenburg zu Gesprächen mit den Medien führte, bin ich heute abend wieder daheim in Barsinghausen angekommen. Der erste Teil meiner Tournee zur Förderung der Organspende ist damit fast beendet. Morgen geht es noch an den Abschluss, einem zweitägigen Messebesuch in Berlin. Dort werde ich ähnlich wie in Friedrichshafen versuchen, namhafte Unterstützer der Organspende zu gewinnen Siehe meinen Blog vom 20. September).

Dieses Foto ist für mich ein Sinnbild der gesellschaftlichen Entwicklungen. Geschossen habe ich es am Abend, kurz nach meiner Ankunft im Hauptbahnhof von Hannover. Buchstäblich "umzingelt" von Tausenden von Menschen, die alle in einer fast nicht mehr verständlichen Hektik zu irgendwelchen Zielen eilten, kämpfte ich mich zu meinem Zug. Zur Erinnerung: wir haben den 19. November und es dauert immerhin noch 35 Shopping-Tage bis zum Weihnachtsfest! Doch schon jetzt haben wir praktisch landesweit das totale Fest-, Motivations-, Beeinflussungs- und Kaufmotivations-Programm. Zugegeben: eine wirklich gute Inszenierung des deutschen Einzelhandels, der schließlich nur unser Bestes - unser Geld - haben will. Auch Herr Pellengahr wird Jahr für Jahr nicht müde, die Prosperität des deutschen Einzelhandels zu loben, zu loben und zu loben - das Echo hallt noch immer nach aus den letzten Jahren! Auch beim Ehepaar Pellengahr, die ganz klar mit gutem Beispiel vorangehen. Um es deutlich zu formulieren: Herr Pellengahr ist der Chef des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), also des Verbandes wie Sie und Millionen weitere Bundesbürger ihr immer knapper werdendes Geld brav abliefern. Jahr für Jahr. Und zunehmend für Dinge, die oft nicht wirklich gebraucht werden.

Damit aber wieder zu dem heutigen Foto des Tages. Die "Schoko-Bude" Ritter hat nicht nur clevere Strategien. Nein, sie "vernebelt" den Menschen buchstäblich die Sicht. Und kleidet das in wohlgefällige, nette adaptionsfähige Worte, die jedermann verinnerlichen und mitnehmen kann. Die also jeder sofort als seine Worte akzeptiert - und doppelt kommuniziert: einmal natürlich in Form von Schokolade, die nicht unbedingt die Beste ist und außerdem erhebliche Belastungen für das Gesundheitssystem zur Folge hat. Der zweite Teil ist der Multiplikationseffekt dieser werblichen Ansprache, die locker, beinahe selbstverständlich von den Menschen mitgenommen (und weiter kommuniziert) wird. So gesehen muss Clara Ritter 1932 wohl eine Art "wirtschaftliche Seelenverwandschaft" zu Pellengahr und seiner Philosophie entwickelt und diese "irgendwie" weiter gegeben haben. Wahrlich, interessante strategische Einblicke, die schon ein wenig verwunderlich sind in Anbetracht der wachsenden finanziellen und wirtschaftlichen Sorgen und Nöte der Menschen. Die betriebswirtschaftlich aber auch von einer gewissen Asozialität zeugen. Da aber die Leidensfähigkeit der Menschen "irgendwie" mit der Lernfähigkeit in Beziehung steht wird es wohl noch ein Weilchen dauern, bis die Menschen vom Meckern zum Fordern gelangen. Dann wird wohl auch unseren Politikern keine Wahl mehr bleiben, Änderungen und Korrekturen vorzunehmen.

Damit möchte ich meine Anmerkungen zum nach wie vor wachsenden Konsumterror (vorerst) beenden. Euch allen einen schönen Tag und stets gute Geschäfte, wo immer ihr auch seid. Dies wünscht euch der arme und aufmerksame Jakobspilger Lothar, der sich morgen aus der Hauptstadt Berlin wieder melden wird.

Tag 66 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 4.791 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

18. Nov. 2008 (Syke - Bremen)

Ein kunterbunter Tag war das heute. Das Wetter hat einige Kapriolen geschlagen, obwohl es ja "irgendwie" normal ist für diese Jahreszeit. Nach rund fünf Stunden Interviews an verschiedenen Orten sollte ich müde sein - tatsächlich bin ich aufgedreht. Und die Meldungen des Tages sind ebenfalls etwas verrückt: Mediziner und ihr Exodus, Nigeria und seine Kinderzuchtfarmen, die gewaltsam gezeugte Kinder an wohlhabende Leute "verkaufen". Zählt heute denn nur noch der Mammon? Manchmal denke ich, es muss wohl eine Reinkarnation des "goldenen Kalbes" sein, um die zur Zeit die Welt und ihre vor Greenbacks strotzenden Monetaristen tanzen. Wirklich, liebe Freunde draussen im Land, würde Geld und sein Besitz Schmerzen bereiten, dann würden einige dieser Personen nicht mehr aufhören zu schreien.

Dieses Verhalten von Spekulanten und Abzockern, von Unternehmern oder Politik ist weder seriös noch fördert es soziale Einstellungen. Ihr könnt es auch Neugestaltung der Gesellschaftsform nennen, die Bemühungen sind ja unverkennbar. Auch wenn BMI Schäuble (das heisst nicht Body Mass Index sondern Bundesminister des Innern) heute mit seinem BKA-Gesetz zur "optimierten" Kontrolle und Überwachung des Landes und seiner Bürger im Bundesrat scheiterte, so werden wir mit unserem Land gewiss in weitreichende Änderungen unserer Gesellschaft kommen. Noch gibt es ja Organisationen wie Statewatch, die unter anderem die Programme der "Future Group" analysiert, gewichtet und kommentiert. Übrigens, einer der Teilnehmer dieser Future Group ist der Bundesinnenminister aus Gengenbach, den heute wohl niemand mehr so richtig lieb haben möchte ...

An der Stelle möchte ich nur an das Stichwort "Auftragserteilung" (durch die Wahl) und "Auftragskontrolle" (durch den Wähler) vor einigen Tagen erinnern. In Anbetracht der weitgehend verfehlten und veränderten Auftragserfüllung muss beim Innenminister schon fast von rückwirkendem Entfall der (Wahl)-Entscheidungsgrundlage des Wählers gesprochen werden. Doch vielleicht ist dieses "Kleben" (am Sessel natürlich) auch eine der Grundvoraussetzungen für die Wahl eines Bundesinnenministers. Schon der letzte mit Namen Schily leidete ja ebenfalls an diesem Syndrom, das interessanterweise immer mit einer ordentlichen Portion Starrsinn und Schwerhörigkeit einhergeht ...

Damit soll dieses Thema für heute abend beendet sein. Es würde sonst wohl zu schnell uferlos werden können und bei der Vielzahl meiner Leser wäre das Eskalationspotenzial schon erheblich - und mein Blog damit auch am Ende angelangt. Das wollen wir doch gemeinsam vermeiden. Nun noch ein paar Worte zu meinem Tag, den ich kurz und bündig als spannend, interessant und emotional bezeichnen möchte. Rund fünf Stunden Interviewdauer (mit den Gesprächspartnern) waren schon intensiv. Gleichzeitig muss ich sagen, dass ich selten zuvor so interessante, einfühlsame und ehrliche Fragesteller hatte. Das fördert natürlich das Gesprächsklima und dann kommt auch viel mehr als sonst vielleicht zur Sprache. Mal sehen, welches Ergebnis entsteht. Vom Gefühl her würde ich sagen: ich bin gespannt - und ihr könnt es, wie ich meine, ebenfalls sein. Besonders gefallen hat mir bei beiden die Strategie der Fragestellungen und die Zielsetzung des (noch zu druckenden) Artikels - und auch die klar unterschiedliche Form der Publikation und Erscheinung.

Natürlich werde ich heute kein Wort darüber verlieren, mit welchen Zeitungen ich gesprochen habe und auch meine Gesprächspartner werden zunächst noch "im redaktionellen Dunkel" verbleiben. Dass ist auch gut so. Ich habe ein Gefühl entwickelt, dass beide die Problematik Organspende wirklich gut internalisiert haben. Lassen wir uns doch einfach überraschen, wie diese Artikel ausfallen und wann sie erscheinen werden. Ihr werdet natürlich wieder über diesen Blog davon informiert.

Euch allen wünsche ich eine ruhige und friedliche Nacht und für morgen einen guten und angenehmen Tag. Gute Nacht euch allen und Buen Camino wünscht Lothar

Tag 65 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 4.524 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

17. Nov. 2008 (Itzehoe - Bremen - Syke)

  1. Heute war mein Besuch im Klinikum Itzehoe und - um es vorweg zu sagen - es war ein guter und angenehmer Aufenthalt. Ebenso angenehm (und natürlich der Erwähnung wert war mein Aufenthalt im Hotel Adler in Itzehoe, denn das Inhaberehepaar Nörtemann hat die Übernachtung zur Förderung der Organspende kostenlos zur Verfügung gestellt. Diesem wirklich sehr freundlichen und wohlwollenden Empfang in Itzehoe möchte ich daher herzlichen Dank sagen und die Stadt allen Besuchern empfehlen.

    Auch die Vorbereitungen im Klinikum waren vorzüglich (obwohl ich ein wenig zu früh in der Klinik erschienen bin). Die Mitarbeiter waren von meinem Projekt sehr angetan und mein Gesprächspartner, Dr. Marko Fiege, Chefarzt der Anästhesiologie und Intensivmedizin, ist selbst recht wandererfahren und hätte "um ein Haar" seine Stiefel und seinen Rucksack genommen. Aber Spass beiseite, denn so einfach geht das ja nicht bei einem leitenden Mediziner. Leider viel zu kurz (wegen anderer terminlicher Verpflichungen) konnte der ärztliche Direktor der Klinik an diesem Gespräch teilnehmen. Dafür war allerdings auch der Transplantationsbeauftragte Dr. Kimmenich als Gesprächspartner anwesend.

    Kernpunkte dieses Gesprächs waren die(immer wiederkehrenden) Themen des Hirntods und seiner Diagnostik sowie der Widerspruch zwischen dem Aussehen des bereits hirntoten Patienten, der nur noch durch die technischen Möglichkeiten der Intensivmedizin "lebt" - denn in Wirklichkeit ist er ja bereits verstorben und kann nicht mehr ins Leben zurückkehren. Dieser Widerspruch ist Angehörigen leider nur sehr schwer vermittelbar.

    Für die Presse interessant war meine Entwicklung zum Langstreckenwanderer, die ja mit meiner Rhabdomyolyse begann. Aber auch bei diesem Gespräch habe ich die Problematik bemerkt, die emotionalen Hemmschwellen der Menschen zu überwinden. Dies betraf auch die Medienvertreterin gleichermaßen, denn die Entgegnung einer "noch viel zu frühen Thematik" ist sehr bedauerlich. Daraus ist nur der Schluss zu ziehen, dass weiterhin an diesem Thema im Gespräch mit den Medien und den Menschen gearbeitet werden muss.

    Damit war dieser spannende und interessante Vormittag in Itzehoe vorbei und mein Weg führte mich über Bremen nach Syke, wo morgen die nächsten Gespräche stattfinden werden.

    Damit wünsche ich euch noch einen richtig schönen Sonnentag (soll ja heute wohl so sein) und einen schönen Feierabend. In diesen werde ich jetzt gleich nämlich von Hamburg nach Bremen fahren. Bis morgen aus Bremen und Syke viele Grüße an euch da draussen und ein freundliches Buen Camino von Lothar

    Tag 64 mit 0 Km

    Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung

    Gesamt 4.503 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

16. Nov. 2008 (Hamburg - Itzehoe)

Heute hatten wir noch einen wunderschönen Tag (oder besser: verlängerten Vormittag) in Hamburg. Ausnahmsweise war das Wetter recht akzeptabel und freundlich. Die Entscheidung zu einem Spaziergang an der Elbe war daher schnell gefallen. Die vielzitierte "steife Brise" kam auch von Westen "frontal" auf und zu. Da wir das mögen und am liebsten bei rauhem Wetter an der See sind, sind das eher geliebte "Kleinigkeiten". Nicht jedermanns Sache - das wissen wir schon. Aber jeder soll eben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen glücklich werden.

Den Abschluss in unserem freundlichen Hideaway bildete dann ein Brunch, der nicht nur sehr schön und appetitanregend angerichtet war, sondern eher zum Bleiben denn zum Gehen animieren wollte. Aber es nutzt ja nichts, denn die Aufgaben des Montags rufen und jeder von uns muss dann an seinem Platz sein. Ewa in Herford und ich in Itzehoe. Daher gingen unsere Wege vor dem Hauptbahnhof in Hamburg leider auseinander: Ewa steuerte unser Haus in Barsinghausen an und bei mir ging es mit der NOB nach Itzehoe.

Das heutige Foto wird euch - wie ich hoffe - gut gefallen. Es zeigt aus Richtung Westen die Kulisse des Hamburger Hafens, die deutlich windbewegte Elbe und einen auslaufenden Container-Frachter. Unser Standort beim Fotografieren war in unserem Hotel in der fünften Etage bei stürmischem Wind, klarer Sicht und ohne Regen. Soweit die Informationen für eventuelle Shipspotter.

Damit, liebe Freunde, geht mein heutiger Bericht etwas kürzer als sonst seinem Ende entgegen. Mehr gab es jedoch nicht zu berichten und außerdem muss auch unser Tag mal ein wenig ruhiger sein, nicht wahr? In diesem Sinne euch allen einen schönen und ruhigen Sonntagabend, morgen einen schönen und nicht so hektischen Wochenbeginn und immer wieder ein freundliches Buen Camino wünscht euch heute abend Lothar

Tag 63 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 4.429 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

15. Nov. 2008 (Barsinghausen - Hamburg)

Der Samstag war schon ein wenig spannend, war doch das Casting für die Show von Jörg Pilawa auf der Agenda. Und lustig war es ebenfalls. Nach dem ersten Block Teilnehmer kam eine Gruppe Kinder, die für eine Kinder-Show gecastet wurden. Natürlich war das sehr lustig und laut. Aber die Kinder hatten viel Spass und Freude. Für uns war es schon recht gut, dass wir ebenfalls über unser Anliegen (Jakobsweg und Organspende) reden konnten. Also besteht bei der ARD auch Interesse jenseits des trivialen Entertainments. Dabei haben wir, wie wir unisono glauben, einen recht guten und auch positiven Eindruck hinterlassen. Da wir sowohl die erste Runde schlicht und einfach positiv beenden konnten, gelangten wir noch in die zweite Runde. Auswahlkriterium ist dabei, wie sich die beiden Partner vor laufender Kamera in einem Interview geben. Auch das ist wohl recht gut gelungen, wie uns gesagt wurden.

Nun ja, das ist der momentane Status. Wir müssen jetzt natürlich wie alle anderen einfach abwarten. Abwarten auf die Meinung (und Entscheidung) der bearbeitenden Redaktion in Köln. Dann kommt (früher oder später) vielleicht eine Einladung. Damit sind wir jetzt einfach an dem Punkt, dass wir einen netten und interessanten Nachmittag in Hamburg hatten, aber jetzt einfach auf die Reaktionen warten müssen.

So weit - so gut, denn mehr gibt es aus der Hansestadt nicht zu berichten, denn der Rest des Tages war schon sehr verregnet. Deshalb sind wir in unser Hotel geflüchtet und haben es uns dort gut gehen lassen. Mit einem guten Glas Wein haben wir im fünften Stock des Hauses am Fenster gesessen und die Elbe und die im Dunkeln vorbeiziehenden Schiffe beobachtet. Einfach eine schöne und gute Stimmung, mit der wir diesen Tag beschließen konnten. Einfach zum Nachmachen zu empfehlen.

Morgen geht dann der "Ernst des Lebens" wieder los. Besuch im Klinikum Itzehoe, Gespräch mit dem Leiter des Bereichs Anästhesiologie und Intensivmedizin, danach noch ein Gespräch mit dem benannten Transplantations-Beauftragten der Klinik. Im Anschluss daran gibt es ein ausführliches Gespräch mit der Presse, denen ich von meinem Jakobsweg und meinen Zielen berichten werde. Besonders möchte ich dabei auf die Verbesserung der Organspendesituation in Deutschland zu sprechen kommen. An dieser Stelle deshalb auch meinen Dank an die Medien für die bisherige Berichterstattung über meinen Jakobsweg mit seinen Zielen. Danke Ihnen allen dafür.

Damit wünsche ich euch allen eine ruhige und friedliche Nacht. Morgen gibt es wieder Neuigkeiten aus Hamburg und meiner Fahrt nach Itzehoe. Buen Camino euch allen wünscht Lohar

Tag 62 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 4.352 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

14. Nov. 2008 (Hannover - Barsinghausen)

Nun ist der Rucksack wieder gepackt - am Nachmittag des heutigen Freitags. Heute abend geht es zu einem Patienten-Arzt-Seminar der MHH. Irgendwie ist es schon schade, dass ich morgen während des Tages nicht daran teilnehmen kann. Sicher hätte ich viele "Leidensgenossen" wiedergesehen, mit ihnen Gespräche führen können und auch den einen oder anderen Freund getroffen. Aber so ist nun mal das Leben. Schade, aber nicht zu ändern - doch die Ergebnisse der Gesprächsrunden und Diskussionen erfahre ich dennoch. Nur ein wenig später eben.

Morgen geht es dann nach Hamburg. Auftakt wird bei Jörg Pilawa in einem Casting der ARD sein. Dort werde ich über Organspende berichten und die Zuschauer von der Notwendigkeit zur Spende versuchen zu überzeugen. Natürlich werde ich auch von meinem Jakobsweg und den aktuellen Entwicklungen werde ich ebenfalls erzählen. Schön war es trotz allem und die Gespräche mit manchen der Teilnehmer, die ich schon lange kenne, haben viele interessante Hinweise und schöne Neuigkeiten oder Informationen ergeben. Besonders angetan war ich vom (ungeplanten) Treffen mit einem Mitglied unseres Vereins, die ebenfalls auf eine Lungentransplantation wartet. Auch die Gespräche mit meinem Transplant-Chirurg sind für mich immer wieder ein schönes und angenehmes Erlebnis. Vielleicht, lieber Dr. Simon, werden wir es doch mal schaffen, gemeinsam einen Kochabend zu veranstalten. Jedenfalls wäre das schon toll und wenn das in jeder nur denkbaren Koch-Show im Fernsehen zu jeder Zeit möglich ist, dann sollten wir das wohl ebenfalls schaffen ...

Das Treffen der Transplantierten am heutigen Abend war schon anders als frühere Abende. Deutlich weniger Teilnehmer, eine viel angenehmere (ruhigere) Stimmung und intensivere Gespräche unter den Transplantierten ergaben ein angenehmeres und besseres Klima. Im Vergleich zum letzten Treffen also viel ergiebiger trotz weniger Teilnehmer, Patienten mit klarem Verständnis zur notwendigen Compliance statt profilierungssüchtiger Menschen. Ausgesprochen angenehm war der fehlende Konkurrenzdruck unterschiedlicher Vereine, die sich Patienten- oder Angehörigen-Betreuung nennen. Einfach auch da keine profilierungsorientierten Darstellungen, keine Geflatter von den "bunten Bildchen, Flyern und ähnlichem" - also richtig gut organisiert mit Teilnehmern, die zu Gesprächen und Informationsaustausch ohne Ansehen von Personen oder Herkunft fähig waren. Wirklich ein schöner Abend nach dem es mir leid tut, morgen nicht auch noch dabei sein zu können. Diesem Patienten-Arzt-Seminar der MHH wünsche ich morgen viele gute Gespräche und allen Teilnehmern viel Erfolg und Zufriedenheit.

Eigentlich hatte ich für den heutigen Blog ganz andere Themen. Doch der Abend war ausgesprochen schön und angenehm, da lasse ich "diese Themen ein paar Tage liegen" und wünsche euch allen draussen im Land eine gute Zeit und ein angenehmes Wochenende. Morgen abend (bzw. übermorgen früh) gibt es dann den nächsten Blog. Live aus Hamburg und nach unserem TV-Casting.

Herzliche Grüße euch allen und ein freundliches Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 61 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 4.175 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

13. Nov. 2008 (Hannover)

Heute war Kontrolle des neuen Organs. Um es kurz und knapp auf den Punkt zu bringen: alles bestens, alles gut und alles in Ordnung. Die Lungenwerte sind weiter dauerhaft stabil und auch die Laborwerte bewegen sich nur in geringfügigen Toleranzen. Keinerlei negative Verläufe oder Anzeichen für ein BOS zu sehen und auch die Werte der klinischen Chemie sind bestens. Physisch ist mein Gesamtzustand auch nach knapp 800 Km Wanderung bestens - und auch für andere Menschen vorbildlich. Eine Bronchoskopie (wie auf dem Foto zu sehen) ist derzeit nicht notwendig. Also, die bisherige Wanderung war ohne jegliche Blessuren oder Probleme - und auch die weitere Wanderung ab Mitte Januar 2009 kann uneingeschränkt und entsprechend der Planung weitergehen.

Das ist die Meldung, die für einige von euch interessant ist, weil sie mich gefragte haben ob sie ab Schengen ein Stück mitwandern könnten. Ja, selbstverständlich - ich freue mich auf euch. Allerdings ist (wie üblich) eine kurze Anmeldung per Mail notwendig, um das "Wann" und "Wo" und auch "Wer" zu klären.

Ab morgen bin ich wieder auf "Tournee" und die ersten Stationen sind ein Patienten-Ärzte-Seminar in Hannover, in der Medienstadt Hamburg werden meine Frau und ich am Wochenende an einem Casting teilnehmen, der Montag sieht mich zu Gesprächen und einer Pressekonferenz in Itzehoe, am Dienstag Pressegespräche in Bremen und Syke und am Mittwoch schließlich werde ich in Oldenburg zu Gesprächen mit der Bevölkerung und Medien sein. In den darauf folgenden Tagen nehme ich in Berlin zwei Tage an einer Messe teil (ähnlich wie in Friedrichshafen am 26. und 27. September).

Bei allen diesen Terminen führe ich auch regelmäßig Gespräche über ein sehr schwieriges und problematisches Thema: die (gesetzliche) Verpflichtung aller deutschen Kliniken mit Intensivstation zur Installation eines Transplantations-Beauftragten. Leider kam wohl durch die Kurzfristigkeit meiner Reise kein Termin mit der schleswig-holsteinischen Ministerin Gitta Trauernicht zustande. Ein Gespräch mit der Ministerin wird im Januar 2009 nachgeholt werden. Zum Thema: viele Kliniken weigern sich mit Hinweis auf die angespannte Kostensituation, zu wenig Personal oder beengte räumliche Verhältnisse, die Installation eines solchen Transplantations-Beauftragten vorzunehmen. Es ist nicht einmal die genaue Zahl dieser Beauftragten festzustellen - zu massiv ist das "Mäntelchen des Schweigens" in der deutschen Krankenhauslandschaft.

Es ist einfach unwürdig und unerträglich, wenn Niedersachsen ebenso wie Schleswig-Holstein oder Baden Württemberg (nur ein paar Beispiele) kaum solche Beauftragte installiert haben, obwohl dazu eine gesetzliche Verpflichtung besteht! In einem MDR-Gespräch vom 02. Okt. 2006 haben einige Persönlichkeiten dazu klar Stellung bezogen Auch hier war es wieder eine mit Nichtwissen gesegnete Ministerin, die (so Prof. Kirste von der DSO) nach neun Jahren erst einmal "auf freiwilliger Basis" reden möchte. Fürwahr, eine wirklich "zukunftsträchtige" Entscheidung einer Ministerin ...

Auch wenn es vielleicht ein wenig polemisierend wirken könnte, Nichtbeachtung geltender Gesetze und die teilweise beharrliche Weigerung zur Umsetzung ist bei einem Politiker faktisch gleichzusetzen mit einem rückwirkenden Entfall der Beauftragungslage. Da aber ein rückwirkender Rücktritt leider nicht möglich ist sollten sich diese Politiker daran erinnern, dass die Wähler (und nicht ihre Parteien mit ihren Programmen!) den Auftrag durch ihre Stimme erteilt haben. Hält sich ein Politiker nicht daran, so hat er jede moralische Legitimation auf sein Mandat verloren. Die Konsequenz würde Rücktritt bzw. Niederlegung seines Mandates bedeuten müssen. Dies allerdings ist doch heutzutage keinem Politiker mehr zuzumuten, zu groß ist doch die Unbill der rauhen Wirtschaft draußen im Land. Dies auszuhalten kann man den Politikern und ihren Parteien wohl nicht mehr zumuten, wie es scheint ...

Mit diesen nachdenklich-ironischen Worten in meinem 100. Tagesblog wünsche ich euch einen möglichst ruhigen und friedlichen Tag und ein schönes Wochenende. Buen Camino wünscht euch Lothar

Tag 60 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 4.097 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

12. Nov. 2008 (Hannover)

Heute gibt es lediglich einen kurzen Tagesblog, da ich recht spät von einer längeren Sitzung aus Hannover zurückgekehrt bin. Und morgen früh ist sehr zeitig wieder die Fahrt nach Hannover in die MHH angesagt. Zweck: Transplantations-Ambulanz zur Kontrolle.

Doch eines der Highlights des Tages war die teilweise radikalisierte Demonstration von Schülern vor dem Landtag in Hannover. Sogar innerhalb der Bannmeile. Der Zweck dieser Demo war einfach: Verbesserung der Bildung. Die Probleme im gesamten Bereich der Bildung sind katastrophal: ausgefallene Stunden werden "schöngerechnet", Referendarstunden werden auf den Unterricht angerechnet und dergleichen mehr. Und natürlich werden auch Gelder und Stellen gekürzt. Und meist sitzen in den Kultusministerien Deutschlands Minister und Staatssekretäre, die weder eine ausreichende Kenntnis für diesen Job haben noch eine adäquate Ausbildung. Zu allem Überfluss werden dann noch Leute zu Ministern ernannt, die keinerlei Erfahrung oder Qualifikation für ihren Job haben. "Bestes Beispiel" ist unsere Gesundheitsministerin, die in ihrem früheren Leben Grundschullehrerin war. Gleiches gesellt sich eben gerne zu Gleichem. Manchmal sogar katastrophales ...

Jetzt aber noch ein paar Worte zu diesem Foto, das ich in einem Silvesterurlaub mit meiner Frau in Husum aufgenommen habe. Nordfriesland, die Inseln und Halligen haben mich vor der Transplantation so optimal leben lassen, dass ich meist viel weniger und auf Helgoland sogar völlig ohne Flüssigsauerstoff und ohne mein Beatmungsgerät ausgekommen bin. Dieser Region habe ich also viel zu verdanken. Außerdem fühlen meine Frau und ich uns dort sehr zu Hause. Deshalb fahren wir auch gerne dorthin - und zu Silvester diesen Jahres wieder einmal. Aber ihr könnt auf diesem Bild auch sehen, wie sehr ich (im Vergleich zu heute) abgemagert war.

So, liebe Freunde, heute abend gibt es wieder mehr zu lesen. Auch wenn in den kommenden Tagen die Tagesberichte (schon mal) je einen Tag verspätet sein können. Das liegt an den vielen Terminen, die ich von Itzehoe bis Oldenburg habe. Aber "irgendwie" habe ich diese Berichte ja doch immer noch online stellen können. Also ein wenig Geduld, wenn mein Bericht abends noch nicht online ist (bestimmt aber am nächsten Tag). Euch allen einen möglicst angenehmen und schönen Tag und ein nettes Buen Camino wünscht euer Lothar

Tag 59 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 4.019 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

11. Nov. 2008 (Barsinghausen - Hannover)

Hallo, liebe Freunde, heute hat der Kar-neval ange-fangen. Dieses Foto zeigt den Zug in Köln vom letzten
Rosen-montag; aber da ich nun mal ein so genannter "Kölsche Jung" bin, kommt im Zweifel Köln und der Rhein zuerst. Das ist auch nicht schlimm, da es nur ein (schönes) Stück Lokalkolorit ist, mit dem ich aufgewachsen bin. Doch heute bin ich in Niedersachsen daheim und fühle mich dort ausgesprochen wohl - und auch zu Hause. So viel zum Karneval und seinen Eskapaden, die wohl nirgendwo so schön sind wie in Köln.

Damit entsteht aber oft auch die Frage nach dem Warum des 11.11. um 11:11 Uhr als Eröffnung. Nun, wie dieser Artikel, der hinter dem Link steht, zeigt, gibt es viele Gründe oder Begründungen - die oft nur die Rechtfertigung des "lokalen, örtlichen" Lokalkolorits sein mögen. Das findet man ja sehr oft in den (vielen, tausenden denke ich) Karnevalsvereinen, die es links und rechts des Rheins gibt. Wie auch immer: ich persönlich habe heute eine Affinität zur schwäbisch-alemannischen Fasnacht entwickelt. Sie ist deftiger, heftiger, weniger kommerziell, viel volksnäher. Und ehrlicher, wie ich meine.

Trotzdem ist am Karneval vieles dem Mund des Volkes nachempfunden. Direkte Wort-Attacken gegen die "Obrigkeit" und "vergällen" mancher "Fuhre Mist", die von Politikern allenthalben veranstaltet wird. Doch auch die Kirche hat zu Karneval einiges zu sagen, damit verbunden werden Riten wie Fleischlosigkeit, Fruchtbarkeitsriten, Wintervertreibung, Gastmähler, Tanz und Spiel. Und natürlich die Vorbereitung auf die 40 tägige Fastenzeit vor dem Osterfest. Ihr könnt also leicht erkennen, dass Karneval und Ostern sehr alte, lange zurückliegende Hintergründe und Traditionen haben.

Damit soll es für heute genug sein. Morgen habe ich schon wieder eine ganze Reihe von Themen, an denen ich euch teilhaben lassen möchte. Es steht die Transplantations-Ambulanz an, ein Patienten-Arzt-Seminar der MHH, ziemlich Reise- und Planungsaufwand und wieder eine Zusammenfassung der letzten 14 Tage, die ich über die DSO und die Aktion "Fürs Leben" und auch Novartistransplantation publiziere. Außerdem erhalten diese zusammen gefassten Berichte rund 15 überregionale Medien, die sie ihrerseits abdrucken.

Ihr seht, es ist laufend vieles zu tun - auch wenn ich gerade nicht wandere. Dafür schreibe ich viel - und rede noch viel mehr. Viele Leute möchten lieber das gesprochene Wort. Lesen ist (leider) eine abnehmende "Stärke" der heutigen Menschen. Daher bin ich sehr froh und glücklich, dass ihr nach wie vor meinen Blog lesen mögt. Euch wünsche ich einen schönen Abend, viel Freude im beginnenden Karneval (so ihr Karnevalisten seid) und morgen einen guten und angenehmen Tag. Wo immer ihr auch seid. Passt gut auf euch auf und ein nettes Buen Camino soll euch begleiten. Euer Lothar

Tag 58 mit 0 Km

Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.961 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

10. Nov. 2008 (Barsinghausen)

Heute möchte ich euch zu zwei Themen etwas erzählen. Meine Vorbereitung zur Organspende-Tour, die am 17. November 2008 beginnen wird. Und ich will euch ebenfalls zur Entnahme von Organen etwas sagen, denn zu diesem Thema gibt es viele Informationen in der Gesellschaft, die nicht zutreffend sind.

Grundsätzlich habe ich diese Tour so geplant, dass sie mich von Glückstadt als meinem Auftaktort entlang meiner gewanderten Strecke bis nach Trier führt. Natürlich werde ich diese Strecke nicht nochmals wandern, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Allerdings wird mein Pilgerpass dabei zum Objekt der Besichtigung werden, wie ich aus meinem bisherigen Weg und dem Medieninteresse weiß.

Ein wenig hängt es dann von den Terminierungen ab, wie ich diese Tour fortsetze. Geplant ist, dass ich von Trier über Kaiserslautern, Saarbrücken, Karlsruhe, Stuttgart, Tübingen, Konstanz nach Freiburg reisen werde. Zum Abschluss werde ich dann im Strasbourg im EU-Parlament sein.

Damit ein paar Worte zum heutigen Bild. Dieses Foto zeigt die Schnittlinien, die bei Organentnahmen bzw. bei Transplantationen vorgenommen werden. Diese Visualisierung "am lebenden Modell" ist schon recht eindrucksvoll, denn jeder kann sich dann vorstellen, wo ein solcher Eingriff vorgenommen wird. Damit möchte ich überleiten zum Thema Organentnahme - einem Vorgang, der bei vielen Menschen Fragen und Unsicherheiten entstehen lässt. Der Link unter "Organentnahme" zeigt eine detaillierte Beschreibung des gesamten chirurgischen und medikamentösen Ablaufes.

Bei der Entnahme von Organen ist (weltweit gesehen) der Main Stream die Post Mortem Spende (auch: Leichenspende) und (zunehmend) die Non Heart Beating Donor (NHBD), die allerdings in Deutschland aber verboten ist. Dazu werde ich euch in den nächsten Tagen einige Zeitungsberichte verlinken, die dezidierte (nicht unbedingt schöne) Beispiele dazu geben. Ich würde mich sehr freuen, wenn meine Leser sich gezielt selbst informieren, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Man kann über die NHBD denken, wie man möchte: ich jedoch denke, dass eine verbesserte Struktur in der Organentnahme und Organ-Allokation gleichfalls die heute noch bestehenden Defizite beseitigen würde. Und es würde ein sehr eigenartiger Beigeschmack vermieden werden, den die älteren Bundesbürger vermutlich noch aus eigenen Erlebnissen kennen. Mehr zu diesem Thema also in einigen Tagen.

Damit zu einem weiteren Thema, das sich erst heute (ganz spontan) ergeben hat. Ewa und ich werden am Sonnabend zu einem Casting nach Hamburg fahren müssen. Aber neben diesem eher angenehmen Teil ist vorher auch noch das Patienten-Arzt-Seminar der MHH in Hannover, an dem wir ebenfalls teilnehmen. Und am 17. November bin ich zu Fachgesprächen mit einem Transplantationsbeauftragten (TxB) in Itzehoe. Geplant ist auch ein Presse Round Table, um die Problematik der fehlenden Organe und das Dilemma fehlender TxB`s verstärkt in die Öffentlichkeit zu tragen. Denn hier ist eines der Kernprobleme zu geringer Organentnahmen. Organentnahmen selbst könnten in Anbetracht der Vielzahl versterbender Menschen weitaus mehr erfolgen, wenn - ja, wenn es für die Krankenhäuser mehr Personal und mehr Geld gäbe, um die Organentnahmen zu finanzieren. Dieses Problem werde ich aber auch noch vertiefen, um euch mehr Informationen darüber zu geben. Und um ein wenig deutlicher zu machen, warum Krankenhäuser, GKVen und BMG einen permanenten "Verteilungskrieg" über Gelder führen, die von uns - den Versicherten - kommen.

Nun aber noch eine weitere Information für euch. Am Montag ist die Veranstaltung in Itzehoe, auf die ich mich sehr freue. Am Dienstag findet dann ein ausführliches Pressegespräch in Syke statt, über das ihr natürlich auch hier informiert werdet. Morgen wird ein ausführlicher Artikel in der Neuen Presse aus Hannover erscheinen, den ich euch ebenfalls hier zeigen werde. Damit wünsche ich euch allen da draussen einen schönen und möglichst regenfreien Tag. Buen Camino wünscht Lothar

Tag 58 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.961 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

09. Nov. 2008 (Barsinghausen)

Organspende ist heute Thema mit ein paar wichtigen Fragen. Die Bereitschaft ist nach wie vor schwach und teilweise sogar rückläufig. Prominente Beispiele wie Papst Benedikt XVI, der ebenfalls einen solchen Ausweis bei sich trägt, sind eindeutig für die Organspende. So verständlich die Sorgen und Ängste der Menschen sind, eines muss jeder Wissen: Organspende (also auch die Entnahme) ist heute ein etablierter gesicherter Eingriff auf höchstem wissenschaftlichem Knowhow.

Doch was genau ist das Kernproblem der (verständlichen) menschlichen Angst? In erster Linie ist es die Angst vor dem Tod als dem Ende des Sterbeprozesses. Das entspricht vielen Befragungen, ist aber auch das Ergebnis aus vielen Gesprächen mit Transplantations-Kandidaten und ihren Angehörigen. Und es entspricht meiner eigenen Erfahrung. Auch wenn ich keine Angst hatte, eine so genannte Nahtoderfahrung während meiner eigenen Transplantation hatte ich ebenfalls - und sehe den Tod seither völlig anders, gelöst und entspannt. Immerhin ist der Tod das unausweichliche Ende jeglichen Lebens. Außerdem ist der Tod - biologisch gesehen - notwendig, um weiteres (neues) Leben entstehen zu lassen.

Aber zurück zu den Ängsten und Sorgen der Menschen. Meine Erfahrung ist, dass Gespräche rund um diesen Themenkomplex immer auf der gleichen Basis beginnen: mit Schweigen. Die Menschen sind häufig unfähig, über dieses (sicher schwierige) Thema zu reden. Gründe dafür gibt es sicher ebenso viele wie Motive zum Schweigen. Nur dem Schweigen geht ja immer eines voraus: das Verstummen. Verstummen ist in der Regel die Verweigerung jeder Art der Kommunikation. Allerdings kann Schweigen auch einen Abbruch der Kommunikation signalisieren und das wäre schon sehr weitgehend. Eine solche Entscheidung wollen sicher die wenigsten Menschen, denn wie heisst es so treffend: der Mensch kann nicht nicht kommunizieren (nach Paul Watzlawick).

Da Schweigen danach ein Signal sein muss stellt sich die Frage: was will uns ein "Schweigender" signalisieren? Das kann Verschiedens sein, wie z. B. ein Hilferuf oder eine Aufforderung. Es kommt also in erster Linie darauf an, einen Menschen zum Zuhören zu motivieren. Dazu gehört noch Vertrauen, denn ohne Vertrauen findet kein Zuhören statt. Allenfalls Beschallung. Also ist es wichtig, das Vertrauen des Zuhörenden zu erreichen. Dann - und nur dann - wird er auch für Argumente des Erzählenden, des Berichtenden offen sein. Und wiederum nur dann kann es in der Folge auch zu einem Dialog zwischen Erzählendem und Zuhörendem kommen. Einen Dialog, der Schweigen abbaut und den Zuhörer Argumenten gegenüber offen werden lässt.

Vielleicht ist das beim ersten Lesen nicht jedem klar oder verständlich. Doch wenn ihr die hinterlegten Links aufruft und die Texte lest, wird es sicher deutlicher werden. Der Aufwand lohnt sich, glaubt es mir - und verbessert meist auch die allgemeine Kommunikation. Auch die nonverbale Kommunikation. Versucht es einfach mal, es lohnt sich.

Nächstes Thema - ein Interview am Sonntagnachmittag mit der Neuen Presse Hannover. Den Abdruck dieses Interviews werde ich im Laufe der Woche hier für jeden Leser einstellen. Das bemerkenswerteste jedoch war, dass der Reporter für sich persönlich am Jakobsweg interessiert war und ihn in einiger Zeit selbst laufen möchte. Er möchte das in der Phase zwischen ausklingendem Berufsleben und vor dem beginnenden Rentnerdasein machen. Das hatte ich auch noch nicht. Eine gute Idee, die ich bisher bei meinen vielen Gesprächen noch von niemandem gehört habe. Es ist aber schön, so etwas zu erfahren.

Ein eher schwieriges Thema. Doch es ist auch wichtig mehr darüber zu erfahren und zu lernen, wie Dialoge zustande kommen und geführt werden (sollten). Fallweise werde ich diese komplexen Themen immer mal aufgreifen und zu meinem Sonntagsthema machen, dass dann ein wenig ausführlicher betrachtet wird. Damit wünsche ich euch noch einen schönen Sonntagabend und eine angenehme und schöne Woche. Allen Lesern ein freundliches Buen Camino wünscht Lothar

Tag 57 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.961 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende

08. Nov. 2008 (Barsinghausen)

Dieses Foto kennt jeder von euch - der Unfall des ICE von Eschede. In meinem Bericht von heute steht es aber für das Chaos, das der Bahn-Konzern allenthalben entfacht. Nicht nur im Allgemeinen - nein, jetzt auch mit der Aussetzung von hilflosen Kindern. In den vergangenen Wochen wurden aus Regionalzügen in Mecklenburg-Vorpommern zwei Kinder im Alter von 12 bzw. 13 Jahren ohne Geld, ohne Handy und ohne Hilfe aus den Zügen verwiesen. Nur weil sie kein gültiges Ticket hatten.

Die Rigidität des Vorgehens dieser Bahnbediensteten ist beispiel- und verantwortungslos. Noch merkwürdiger ist, dass nach dem ersten Vorfall eine grundsätzliche Anweisung herausgegeben wurde, keine Kinder und hilflose Personen mehr aus Zügen zu verweisen. Zwar wurde jetzt der zweite Zugbegleiter sofort vom Dienst suspendiert; die Kinder jedoch haben traumatische Erlebnisse gehabt - und die Bahn entschuldigt sich nicht einmal.

Wie auch immer, die Bahn hat neben einer praktisch endlosen Zahl von Minus-Punkten ein so schlechtes Image (national wie international), dass dieses Staatsunternehmen guten Gewissens nicht mehr empfohlen werden kann. Weder zur Reise, noch als (künftig börsennotierte) Anlage. Im Grunde muss man der Entwicklung auf den Finanzmärkten in einem Punkt Dank sagen, denn dadurch wurde der Börsengang der Bahn auf längere Zeit verschoben.

Da der Katalog der Negativpunkte lang ist (zu lang für diesen Bericht) will ich eine Aufzählung vermeiden. Beispiele sind endlose Verspätungen, nach wie vor defekte ICE-Züge, wachsende Probleme im Güterverkehr und anderes. Die Lage der Bahn ist eher schlecht, denn es wird zu stark auf Äußerlichkeit statt auf Funktionalität geachtet. Und so lange der Vorstand um Mehdorn auf den Shareholder Value statt auf gute Mitarbeiter achtet und sich dafür komfortable Boni für den Börsengang (der ja jetzt entfallen ist) genehmigt, so lange wird die Bahn um diesen "Bahnchef" mit Tiefensee als seinem Minister keine vernünftigen Schritte in Richtung Zukunft machen. Und die Leidtragenden sind wieder mal die Fahrgäste.

Liebe Freunde, damit komme ich für heute zum Ende. Manchmal muss man einfach Ablästern, wie es im Neudeutschen so schön und treffend heisst, auch wenn das Ministern, Bahnchefs und "ähnlichen Geistern" nicht so unbedingt gefallen wird. Aber wie jedem Unmut auch immer ein wenig berechtigte Kritik innewohnt, so wird artikulierte Kritik zum ersten Schritt in Richtung Änderung. Vielleicht für die momentanen Machthaber in der Politik doch des Bedenkens wert.

Also, liebe Abgeordnete, geht doch einfach diesen ersten Schritt mit und macht euch die Sorgen der Menschen zueigen. Bedenkt einfach, dass diese Menschen eure Auftraggeber sind und zur Kontrolle eurer Arbeit berechtigt sind. Sonst wird der nächste Wahltag zum Zahltag. Allerdings für euch in den deutschen Parlamenten. Mit diesen Worten wünsche ich euch allen da draussen, Bürgern wie Abgeordneten, einen schönen Abend und einen friedlichen Sonntag. Freundliche Grüße mit einem netten Buen Camino von Lothar, dem armen Pilger

Tag 56 mit 0 Km
Gesamt 826 Km Jakobsweg-Wanderung
Gesamt 3.961 Km mit Verkehrsmitteln zu Vorträgen über Organspende